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Mehr Architektur
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„Jetzt spielen wir in der A-Liga!“, schwärmt der Leiter des Architekturzentrums in Wien, Dietmar Steiner.

11. Oktober 2001
Immerhin 17 internationale Architektur-Häuser haben Vertreter entsandt, um mit ihren Wiener Kollegen zu feiern und tags darauf ein Kuratoren-Treffen abzuhalten.


Mehr Platz

Das bereits seit 1993 im Museumsquartier arbeitende Architekturzentrum hat nun jene Räumlichkeiten, die es für seine vielfältigen Aktivitäten benötigt. „Jetzt ist das Provisorium endgültig beendet“, freute sich AZW-Obmann Hannes Pflaum, „jetzt gilt's!“ Rund 2000 Quadratmeter stehen künftig zur Verfügung. Zur „Alten Halle“ (300 qm), die vor allem für historische Ausstellungen, Archiv-Präsentationen und Ausstellungen zur österreichischen Architektur genutzt werden soll, und dem Veranstaltungsraum „Podium“ (180 qm) kam auf der anderen Seite des Volkstheater-seitig gelegenen ehemaligen Staatsratshofes ein neuer Haupteingangsbereich (für Ticketverkauf und Shop), die „Neue Halle“ (300 qm) für internationale Wanderausstellungen und große Eigenproduktionen, eine kleine Halle „F3“ sowie das attraktive Oktogon (150 qm), in dem künftig Archiv und Bibliothek untergebracht sind.


Weniger Geld

Dass die „erste öffentlich zugängliche Architekturbibliothek Österreichs“ (Steiner) mit ihren derzeit rund 2000 Titeln, 80 Zeitschriften und umfassender Datenbankrecherchemöglichkeit sowie das von der Stadt Wien angekaufte (und teilweise im Internet abrufbare) Achleitner-Archiv erst im Laufe der kommenden Wochen geöffnet werden können, hat zwar mehr mit Bauverzögerungen zu tun, doch der laufende Betrieb macht auch finanzielle Sorgen.

Das Finanzierungsverhältnis des AZW von ursprünglich zwei Drittel Stadt Wien und einem Drittel Bund „hat sich längst zu Lasten der Stadt verschoben“, beklagte Pflaum, „obwohl sich unsere Tätigkeit bei weitem nicht auf Wien beschränkt.“ 20 Millionen Schilling lässt sich jährlich die Stadt Wien den Betrieb des AZW kosten, fünf Millionen die Kunstsektion des Bundes, um Wissenschaftsmittel wurde angesucht. „Wir bräuchten ein Jahresbudget von 30 Millionen“, so Steiner, „wünschen würde ich mir 40, dann könnten wir auch mehr Öffentlichkeitsarbeit machen.“


Mehr Experiment

Öffentlichkeitswirksam dürfte zunächst vor allem „Una“, die neue Cafeteria des AZW sein, der einzige Raum in dem bewusst inhomogenen Erscheinungsbild des Architekturzentrums (Steiner: „Wir führen das Prinzip Museumsquartier fort - als Stadt in der Stadt“), in dem „zeitgenössische Architektur stattfinden durfte“. Die französischen Architekten Anne Lacaton und Jean-Philippe Vassal haben das Deckengewölbe mit eigens entworfenen, in Istanbul produzierten orientalischen Fliesen ausgekleidet, für Steiner nicht nur eine ironisch-metaphorische Spekulation, was man vorfinden hätte können, wäre den Türken die Eroberung Wiens gelungen (und wären die Gemäuer um einiges älter), sondern auch „ein Dialog der Kulturen zwischen Byzanz und Europa“: „Wir wussten natürlich nicht, welche Bedeutung dieses Statement nach dem 11. September bekommen würde.“


Weniger Exponate

Die Eröffnungsausstellung der Neuen Halle mit dem Titel „Sturm der Ruhe. What is Architecture?“ versteht sich als selbstkritische Hinterfragung der eigenen Position und frönt dem Prinzip der Mediatisierung von Architektur. Bauwerke lassen sich eben nur als Abbilder präsentieren. Der vom Duo Eichinger oder Knechtl gestaltete Raum ist in einzelne Stationen gegliedert. Diese reichen von der „Architektur der Kinder“ (mit Fotos von Baumhäusern u.ä.) über „Das ideale Museum“ (mit den bekannten Modellen der blauen Museumscontainer von Haus-Rucker-Co) bis zu „Das einfache Leben“ (mehrere aufgeschlagene Exemplare des Fotobandes von Erika und Wieland Schmied zu Thomas Bernhards Häusern) und „Garagen“ (mit einem wunderschönen Farbfoto des „Geburtsortes des Silicon Valley“, des Schuppens von Bill Hewlett und Dave Packard).

Die in der Ausstellung gestellte Frage „What is Architecture?“ wird dagegen von Adolf Loos auf denkbar unspektakuläre Weise beantwortet - mit einer winzigen Zeichnung und einem kurzen Zitat: „Wenn wir im walde einen hügel finden, sechs schuh lang und sechs schuh breit, mit der schaufel pyramidenförmig aufgerichtet, dann werden wir ernst, und es sagt in uns: Hier liegt jemand begraben. Das ist architektur.“

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