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Einfach besser: Fairer Handel Gewinn für Mensch und Natur
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Für wenig mehr Geld können bewusste GenießerInnen daher bei Kaffee, Tee,
Schokolade und (demnächst) Bananen ein deutliches Plus an natürlicher Qualität aus nachhaltiger Produktion erwerben.

1. Oktober 2001 - Helmut Adam
Die Katze im Sack?
Wenn KonsumentInnen im Supermarkt oder Feinkostgeschäft Produkte erwerben, die früher unter dem Sammelbegriff „Kolonialwaren“ gehandelt wurden, bleiben sie zumeist ohne Information, woher die Rohstoffe kommen und unter welchen Bedingungen sie hergestellt wurden. Neugierige, die nach diesen Hintergrundinformationen fragen, werden häufig an einer Mauer des Unwissens abprallen. Denn die Verarbeiter hierzulande können selbst bei bestem Willen wenig Erhellendes berichten, wenn der Einkauf der Grundstoffe wie üblich über eine der Warenbörsen dieser Welt gelaufen ist.

Handelssystem mit Transparenz Anspruchsvolle VerbraucherInnen orientieren sich daher zunehmend an einem Gütezeichen, das nicht nur für ökosozial verträgliche Produktion, sondern auch für direkten Handel und damit nachvollziehbaren Ursprung steht. Menschen, die wissen wollen, von wem und mit welchen Methoden die Produkte hergestellt werden, die sie konsumieren, weist die schwarz-weiße Menschenfigur auf der Packung den Weg zur besseren Einkaufsentscheidung. Denn die mit dem FairTrade-Label von TransFair ausgezeichneten Produkte sind von jener Qualität, die anspruchsvolle VerbraucherInnen suchen. Auf Grund der Richtlinien des Fairen Handels werden dank traditioneller Anbaumethoden, Handarbeit und Auslese ursprüngliche, hochwertige Agrarrohstoffe hergestellt. Für wenig mehr Geld können bewusste GenießerInnen daher bei Kaffee, Tee, Schokolade, Orangensaft und (demnächst) Bananen ein deutliches Plus an natürlicher Qualität aus nachhaltiger Produktion erwerben.

Das Erbe der Zerstörer

Die Kolonialzeit hat in Afrika, Asien und Lateinamerika offene Wunden hinterlassen. Bevor etwa die spanischen Eroberer jenseits des Atlantiks ihr zerstörerisches Werk begannen, lebten dort mit Mayas, Azteken oder Inkas Völker, die der Natur ihren Respekt zollten. Für diese war damals selbstverständlich, was wir heute als überlebensnotwendige nachhaltige Wirtschaftsweise wiederentdecken, jedoch bislang gegen die LobbyistInnen unserer ressourcenfressenden Industrie-Technologien nur in Ansätzen durchzusetzen vermögen.

Kaum hatte Christoph Columbus seinen Fuß in Nueva Hispaniola, der heutigen Dominikanischen Republik, erstmals auf lateinamerikanische Erde gesetzt, war es dort mit der Nachhaltigkeit vorbei. Schon bei seiner zweiten Fahrt 1493 hatte er, von den Kanarischen Inseln kommend, Zuckerrohrschößlinge mit an Bord, die ausgepflanzt wurden, um der spanischen Krone die Ernährung ihres Fußvolkes und der Armeen zu verbilligen. Dies war der Beginn der Monokulturen und des Raubbaus an der Natur. Immer mehr Dschungel wurde gerodet, um Fläche für den Anbau des Zuckerrohrs zu schaffen, und – Logik im Kreislauf der Zerstörung – weil der Wald zudem zur Brennholzgewinnung herhalten musste, um aus dem Zuckerrohr den begehrten süßen Saft zu gewinnen.

Gezielter Vegetationswandel

Zucker war nur die erste Pflanze, mit der die Vegetation in anderen Kontinenten von Grund auf verändert wurde. Kaffee, aus Ostafrika über die arabische Halbinsel in die Kolonien verschleppt, wurde in den folgenden Jahrhunderten zur wichtigsten Nutzpflanze der EuropäerInnen in Zentralamerika. Auch Pflanzungen für Tee und Tabak fraßen sich bald unersättlich in primäre Naturlandschaft. Ende des 19. Jahrhunderts begann ein weiterer legendärer Raubbau an der Natur in Zentralamerika mit Bananenpflanzungen entlang einer ursprünglich durch Urwald führenden Eisenbahn, an deren Trasse sich bald von Panama bis hinauf nach Guatemala die sprichwörtlichen Bananenrepubliken wie an einer Perlenkette aufgefädelt aneinander reihten. Die Todsünden der Moderne finden sich in Brasilien, dem größten Agrarstaat Lateinamerikas: Die Orange etwa, in den fünfziger Jahren noch exotische Zierfrucht aus Europa, bedeckt heute in Monokultur die Fläche eines mittleren europäischen Kleinstaates und bestreitet 90 % des Bedarfs an Orangensaft außerhalb der USA. Eine agroindustrielle Sojaproduktion versorgt die europäische Futtermittelindustrie (soweit sie sich nicht zwischenzeitlich auf Tiermehl spezialisiert hatte) und verbraucht enorme Flächen, die damit nicht mehr für die Erzeugung von Grundnahrungsmittel zur Verfügung stehen. Und dies auf einem Kontinent, auf dem es mehr als der Hälfte der Bevölkerung an einfachsten Lebensmitteln mangelt.

Die Ausbreitung der Plantagenwirtschaft führte zu extrem ungleicher Landverteilung und damit zu einer prekären sozialen Situation. Den abzählbaren GroßgrundbesitzerInnen stehen auch heute noch Heere von Landlosen und TaglöhnerInnen gegenüber, die nichts besitzen als ihre nahezu wertlose Arbeitskraft, die sie täglich auf den Markt tragen – und Millionen von Kleinbauern, die auf Flächen von 3 ha und weniger niemals erwirtschaften können, was ihre Familien zu einem einigermaßen würdevollen Leben benötigen würden.

Landlose und TaglöhnerInnen leiden unter fehlenden sozialen Netzen und der in vielen Staaten versprochenen, aber kaum irgendwo über symbolische Ansätze hinaus realisierten Landreform. Die Kleinbauern kommen in der zunehmend industrialisierten Agrar-Weltwirtschaft immer mehr unter die Räder. Die Preise für Kaffee oder Kakao haben sich in den letzten dreißig Jahren halbiert. Armut ist alltäglich, und immer mehr können sich nicht einmal mehr diese Armut leisten. Wenn der Ernteerlös nicht ausreicht, die über das Jahr geborgten Gelder zurückzuzahlen, ist das kleine Stück Boden weg und die Slums der nächsten Großstadt haben neue BewohnerInnen. Nicht ganz zufällig platzen die Wellblech-Vororte der südlichen Metropolen aus allen Nähten.

Unerfreuliche Konsequenzen

Die Konsequenzen sind unerfreulich. Statt Bauernfamilien, die sich von den Früchten ihrer Arbeit ernähren können, schafft das derzeitige System unerbittlich Kundschaft für die Caritas. Kleinbäuerliche Strukturen, die Landschaft, Artenvielfalt und klimagerechte Mischkulturen pflegen und erhalten, werden von Plantagen abgelöst, die einen ungleich höheren Chemieeinsatz verlangen und Maschinen statt Menschen beschäftigen. Nur wenige profitieren von dieser Entwicklung, Millionen erleiden dagegen Schaden, oft unermesslichen: keine Arbeit, kein Einkommen, Hunger, Krankheit, Siechtum.

FairTrade: die erprobte Alternative

Der Faire Handel setzt all dem ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell entgegen. Partner im Süden sind Kleinbauerngruppen und Betriebe, die den Richtlinien des Fairen Handels entsprechend ökologisch und sozial verträglich produzieren und im Gegenzug existenzsichernde Preise für ihre Produkte erhalten. Die verbindlichen Mindestpreise im Fairen Handel inkludieren auch ein „FairTrade“-Premium, das für soziale und ökologische Programme gewidmet ist. In Summe ist Fairer Handel nach dem einhelligen Urteil entwicklungspolitischer ExpertInnen eine der effizientesten Formen der Entwicklungsförderung. Er bekämpft Armut wirksam und weist viele gewollte Nebenwirkungen auf: Erhaltung der Umwelt, Regionalentwicklung, Aus- und Weiterbildung, Aufbau von lokalen Gesundheitseinrichtungen und die Umstellung auf organische Produktion sind nur einige davon.

Am Fairen Handel partizipieren im Süden bereits über 5 Millionen Menschen. Möglich macht dies die stetig wachsende, ebenfalls in die Millionen gehende Zahl von KonsumentInnen in Europa, die mit Produkten aus Fairem Handel ihrem reflektierten Lebensstil Ausdruck verleihen. Auch in Österreich nimmt der Absatz fair gehandelter Produkte erfreulich zu.

TransFair-Produkte führen die Weltläden (Fachgeschäfte des Fairen Handels), viele Bio- und Naturkostläden, zahlreiche Supermärkte (Adeg-aktiv, Contra, Eurospar, Interspar, Magnet, Maxi-Markt, Merkur, M-Preis, Neukauf, Winkler-Märkte, Zielpunkt, zum Teil auch Geschäfte von Adeg, Spar und Nah&Frisch), C+C-Betriebe (Metro, AGM, Holzmann), das Zustellservice „Hausfreund“ und die Partyservices von „Tischlein deck dich“ etc.
- Mehr Information bei:TransFair, Wipplingerstr. 32, A-1010 Wien, Tel.: (01) 533 09 56, Fax: (01)533 09 56-37; E-Mail: office@transfair.or.at, Internet: www.transfair.or.at, www.fairtrade.at

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