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„Ein Architekturzentrum muss neutral sein“
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Das Gespräch mit dem Leiter des AzW, dem Architekturtheoretiker Dietmar Steiner führte Ines Mitterer.

11. Oktober 2001 - Ines Mitterer
ON Kultur: Dietmar Steiner, sie haben bis jetzt immer auf zwei Ebenen gearbeitet - die eine war eine sehr sichtbare, die Ausstellungen. Andererseits gab es stets die weniger sichtbare Arbeit mit Archiven oder Symposien - wo wird in Zukunft der Schwerpunkt liegen?

Steiner: Ein ganz wesentliches Anliegen ist mir, dass gerade dieser Dienstleistungsanteil, das heißt Auskunft geben über Architektur, jetzt auf einen adäquaten Raum im Informationszentrum bei unserem Haupteingang gefunden hat. Und dass wir jetzt durch die Anzahl der Räume auch verschiedene, weitere Tätigkeiten machen können. Es ist jetzt nicht mehr notwendig die Vortragshalle durch Ausstellungen zu blockieren, sondern wir können hier zwischen zwei großen Ausstellungsräumen wechseln. Wir können kleine schnelle Ausstellungen machen zu Wettbewerben acht Jahren Probebetrieb sozusagen - die Infrastruktur, die wir von Anfang an benötigt hätten.

ON Kultur: Sie haben bei der allgemeinen Repräsentationswut hier im Museumsquartier nicht wirklich mitgemacht. Die alte Halle ist überhaupt noch ganz bescheiden, so wie sie immer war. Warum diese Entscheidung sich da so zurückzuhalten als Architekturzentrum?

Steiner: Naja, das ist eine Grundsatzentscheidung. Erstens einmal sind wir über die alten, aber doch schönen Räume sehr froh und zweitens ist es für ein Architekturzentrum doch ungemein wichtig, wenn es verschiedene Architekturen von verschiedenen Architekten ausstellt, dass der Hintergrund, das heißt der Raum an sich in dem das stattfindet sehr roh, sehr nüchtern, sehr neutral ist - und das ist uns mit unserem Architekten sehr gelungen.

ON Kultur: Die Architektur der Cafeteria ist auch besonders. Sie haben ein französisches Architektenteam eingeladen das zu machen - warum ist die Entscheidung auf Lacaton/Vassal gefallen?

Steiner: Die erste Entscheidung war einmal, dass das AzW als bedeutendste Architekturinstitution Österreichs keinen österreichischen Architekten nehmen kann, weil sonst alle anderen auf uns böse wären. Und weil es auch unserer Aufgabe ist internationale Architekturentwicklungen nach Wien zu bringen.

Die zweite Entscheidung war dann: Es sollte ein junges Architektenteam sein, das gut zu den Ideen, zur Identität, zur Konzeption des AzW passt, das heißt das mit geringen Mitteln, mit wenig Geld versucht, ein Optimum an Atmosphäre, an Konzeption zu verwirklichen. Da fiel die Wahl auf Lacaton und Vassal aus Bordeaux, die damals vor drei Jahren die Universität in Grenoble umgebaut haben und zwei, drei kleine Einfamilienhäuser hatten, die aber in der Zwischenzeit damals schon durchaus Weltgeltung hatten und dann begann die Konzeption der Cafeteria.

ON Kultur: Drei der anderen Institutionen im Museumsquartier haben einen Neubau bekommen - sie als Architekturzentrum müssen sich mit den alten Räumen zufrieden geben, tut ihnen das leid?

Steiner: Komisch, diese Frage stellt mir jeder! Ich sage: Zur Zeit definitiv „nein“. Es tut mir nicht leid, wir sind mit unseren Räumen zufrieden. Wir sind sehr zufrieden über den Standort, dass wir überhaupt im Museumsquartier sein können. Das ist das alte Argument von allen Immobilienexperten: Lage! Lage! Lage! Der Bedarf für einen Neubau, muss ich auch ganz ehrlich sagen, stellt sich jetzt nicht, der Bedarf der Erweiterung, den sehe ich in ganz anderen Dimensionen.

ON Kultur: Nämlich?

Steiner: Ich glaube, dass wir hier in Wien sehr gut eingebunden sind in das amerikanisch-westeuropäische Netzwerk vergleichbarer Architekturinstitutionen. Wir sehen aber nicht weit von uns entfernt die Notwendigkeit dieses Netzwerk aufzubauen. Das heißt wir wollen verstärkte Kontakte mit Budapest, Prag, Bratislava, Belgrad etc. machen, um mit unserem Know-How, das auch international anerkannt ist, Strukturen in den Nachbarländern aufzubauen.

ON Kultur: Also die Erweiterung im Kopf sozusagen?

Steiner: Die Erweiterung im Kopf und im Konzept und nicht im Raum.

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