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Chronik eines Erfolgs
Neue Zürcher Zeitung

Tessiner Architektur im CCS in Mailand

12. März 2003 - Roman Hollenstein
Seit der legendären Zürcher «Tendenzen»-Ausstellung von 1975 sind ungezählte Veröffentlichungen zur Tessiner Architektur erschienen. Dazu gehört auch die vor zwei Jahren herausgegebene CD-Rom «Architetture nel Territorio», die 261 Bauten von 90 Architekten in Wort und Bild vorstellt. Ausgehend von diesem nützlichen, aber nur begrenzt wahrgenommenen Übersichtswerk hat nun Pro Helvetia eine aus 47 informativen Schautafeln bestehende Wanderausstellung zur Tessiner Architektur realisiert, die zurzeit im Centro Culturale Svizzero in Mailand ihre Premiere hat, um anschliessend weltweit an rund 150 Orten gezeigt zu werden. Präsentiert wird ein Tessiner Höhenweg der Baukunst. Er beginnt mit Rino Tami, dessen Bauten aus den vierziger bis sechziger Jahren immer noch mit zum Besten gehören, was in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert im Grossraum Lugano gebaut wurde. Nach Arbeiten der Wrightianer Franco Ponti, Peppo Brivio und Alberto Camenzind werden Highlights bis hin zu Aurelio Galfettis unlängst eröffnetem Universitätscampus von Lugano vorgestellt, bei dem der sonst in der Ausstellung weitgehend ignorierte Nachwuchs zum Zuge kam. Unter den jüngsten Werken finden Arbeiten wie Mario Campis grossstädtischer Wohnpalast in Lugano, Raffaele Cavadinis Oratorium von Porta in Brissago und Livio Vacchinis Mehrzweckhalle in Losone besondere Erwähnung.

Als Erweiterung dieser Chronologie werden die vier Grossen der Tessiner Architektur - Botta, Galfetti, Snozzi und Vacchini - zusammen mit Campi, Fabio Reinhart und Flora Ruchat auch noch monographisch und mit einem Blick auf ihre in der CD-Rom nicht thematisierte Tätigkeit ausserhalb des Tessins beleuchtet. Dabei will nicht einleuchten, warum Ivano Gianola, der mit dem Palace in Lugano eines der grössten Bauprojekte des Tessins in Arbeit hat und zudem auch in Deutschland erfolgreich ist, nicht in die Meistergruppe aufgenommen wurde. Die Spannweite dieser monographischen Sektion erstreckt sich von den Wohnbauten Ruchats in Taranto (1981), Campis in Malmö (2001) und Luigi Snozzis in Maastricht (2002) über die Architekturschule von Vacchini in Nancy (1995) und Galfettis Cité des Arts in Chambéry (2002) bis hin zu Mario Bottas Cymbalista-Synagoge in Tel Aviv (1998) und dessen Tata-Gebäude in Neu-Delhi (2003). Der Ausstellung gelingt es, einen Einblick in eine Erfolgsgeschichte zu geben, die vor fünf Jahrzehnten einsetzte und deren Protagonisten seit den achtziger Jahren Europa und - im Fall von Botta - sogar die Welt eroberten.


[Bis 26. März (täglich ausser sonntags 14.30 bis 18 Uhr) im Centro Culturale Svizzero, Piazza Cavour, Mailand. Begleitpublikation: Architetture nel territorio. Canton Ticino 1970- 2000. CD-ROM. Pro Helvetia und Tarmac Edizioni, Mendrisio 2001 ( www.tarmac.ch). Fr. 88.- (Euro 45.- in der Ausstellung).]

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