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Neue Kathedralen der Kunst
Neue Zürcher Zeitung

Eine Ausstellung über Museumsarchitektur in Düsseldorf

21. April 2006 - Hubertus Adam
Seit Jahrzehnten zählen Museen zu den prestigeträchtigsten Bauaufgaben überhaupt. Im Zeitalter des City-Branding haben politische Entscheidungsträger das Potenzial spektakulärer Kulturbauten entdeckt, und Sponsorengelder lassen sich leichter eintreiben, wenn der Name eines Stararchitekten auf den Plänen steht. So entstehen denn, auch wenn die öffentlichen Ausgaben für Kultur nicht wachsen, weiterhin allerorten neue Ausstellungsbauten - vom Kunstmuseum bis zum Science-Center.

Fragwürdige Auswahl

Von diesem Phänomen zeugt die Ausstellung «Museen im 21. Jahrhundert», die einen Überblick über derzeitige Museumsprojekte in aller Welt geben soll und zunächst in der Kunstsammlung K20 in Düsseldorf zu sehen ist, bevor sie auf Welttournee geschickt wird. Konzipiert und organisiert wurde die Schau vom privat betriebenen Art Centre Basel von Suzanne und Thierry Greub, das vor sechs Jahren bereits die Wanderausstellung «Museen für ein neues Jahrtausend» lanciert hatte. Am Konzept einer Überblicksschau Kritik zu üben, ist vergleichsweise leicht, weil wohl jeder zu einer anderen Auswahl käme. Doch die in Düsseldorf gezeigte Zusammenstellung ist schlicht unbefriedigend. Gewiss, es gibt Trouvaillen wie das sensibel in die Landschaft eingefügte Stonehenge-Besucherzentrum der Australier Denton Corker Marshall oder das kurz vor der Eröffnung stehende Aomori-Kunstmuseum von Jun Aoki. Auch findet man massstabsetzende Projekte der jüngsten Zeit wie das Eyebeam Institute in New York von Diller & Scofidio, das Museum Varusschlacht in Kalkriese von Gigon & Guyer oder das neue Akropolis-Museum in Athen von Bernard Tschumi.

Aber wer einen Querschnitt durch die zeitgenössische Museumsarchitektur anbietet und kein einziges Gebäude von Herzog & de Meuron ausstellt, macht sich schlicht lächerlich. Auch Rem Koolhaas, Peter Eisenman und Sanaa fehlen, während mediokre Bauten wie die Pinakothek der Moderne in München von Stephan Braunfels oder belanglose Projekte wie die Corcoran Gallery of Art in Washington von Frank Gehry berücksichtigt wurden. Mag sein, dass Eitelkeiten von Architekten für die eine oder andere Lücke verantwortlich sind. Doch in diesem Falle wären die Veranstalter besser beraten gewesen, auf die Schau zu verzichten - oder sie anders zu konzipieren. Denn selbstverständlich sind in Düsseldorf nur Pläne, Fotos und Modelle zu sehen, die von den Architekten zur Verfügung gestellt wurden. Eine kritische Reflexion ist nicht einmal in Ansätzen erkennbar. Warum renommierte Museen - ausgewiesen im informativen Katalog sind elf Stationen - sich eine derart misslungene Schau ins Haus holen, bleibt unerklärlich. Outsourcing ist offenkundig ein Gebot der Stunde, doch sollten die öffentlichen Institutionen dabei die Qualität einfordern, die auch für Eigenproduktionen gilt.

In eigener Sache

Ergänzt wird die Düsseldorfer Ausstellung durch die Präsentation der Entwürfe für die Erweiterung des eigenen Hauses. Der vor zwanzig Jahren am Grabbeplatz in Düsseldorf nach den Plänen der Kopenhagener Architekten Dissing & Weitling realisierte Museumsbau der Kunstsammlung K20 soll in den kommenden Jahren durch das gleiche Team erweitert werden - um einen rückwärtigen Anbau, dessen Fassadenverkleidung aus schwarzem Bornholmer Granit die Ästhetik des bestehenden Gebäudes aufgreift.

[ Bis 25. Juni, anschliessend in Rom, Linz, Lyon, Rovereto, Berlin usw. Katalog: Museen im 21. Jahrhundert. Ideen, Projekte, Bauten. Hrsg. Suzanne und Thierry Greub. Prestel-Verlag, München 2006. 215 S., Fr. 85.50 (Euro 28.- in der Ausstellung). ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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