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Biennale: Das Netz
Der Standard

Gregor Eichinger definiert die neue Stadt als Netzwerk unsichtbarer Adressen.

25. August 2006 - Ute Woltron
Wenn die Stadt gleich „Raum, Form, Netz“ ist, dann ist es schließlich an der Zeit, sich mit ihrem eigentlichen Ursprung auseinanderzusetzen: mit dem Menschen. Denn egal, welch unterschiedliche Formen die Stadt in ihrer vieltausendjährigen Geschichte jeweils angenommen hat - die Baupläne nahmen ihren Ursprung in den Köpfen ihrer Bewohner und beileibe nicht nur in jenen der vermeintlichen Spezialisten wie Architekten, Städteplaner und Investoren.

In Gregor Eichingers Stadt-Bild lösen sich die Grenzen endgültig auf. Er definiert zum einen die Architektur als physisches, greifbares Netzwerk, als matrixartiges Gebilde von Straßen, Nummern, Versorgungsleitungen, darüber hinaus aber auch als virtuelles Netzwerk unterschiedlichster Beziehungs-und Kommunikationssys- teme, die das Interagieren zwischen Menschen erweitert haben.

Seine These: In einer, wie man sagt, „globalisierten“ Welt sind die wichtigsten Adressen nicht mehr die Postanschriften, sondern E-Mail-Accounts, Mobiltelefonnummern und somit wir selbst geworden. Wir sind heute adressierbar, egal, wo wir uns aufhalten, und die Stadtteile und Viertel dieser neu gedachten Städte sind die jeweiligen persönlichen und sozialen Netzwerke, die Menschen ungeachtet jeglicher geografischer Dimension und ihres momentanen Aufenthaltsortes untereinander bilden und in steter Aktivität halten.

Eichiger visualisiert diesen Ansatz in Form eines Kommunikationsraumes, der zugleich die Ur-Bauhütte und die Ur-Bar symbolisiert, also jene Keimzelle menschlichen Interagierens, in der die Stadt als Netzwerk seit jeher ihren Ursprung nimmt. Das Design dieser Raumsynapse im dritten Zimmer des österreichischen Pavillons ist Nebensache. Wichtiger sind die Informationen, die hier abrufbar sind, um in den Köpfen ihrer Besucher hinausgetragen und weiterverbreitet zu werden. Das Informations-Superspreader-Gebilde ist zeitgleich auch Bar, Café, Wirtshaus, weil über Reden und Kommunizieren kommen die Leut' z'samm. Eichinger: „Die Ur-Bar ist Kommunikations-Spot: der Ort, wo man sein Netzwerk und somit seine persönliche Stadt erweitern kann.“

In diesem Sinne ist der traditionelle Österreicher-Empfang zum Biennale-Auftakt heuer auch eine von Eichinger inszenierte Fete, die „Improve your own Network Party“ heißt und nach der offiziellen Pavillon-Eröffnung steigt.

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