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Hungrig nach Bildern
Der Standard

Wer ein Fotostudio betreibt, der muss seinen ästhetischen Spleen schon einmal nach außen tragen. Am Stadtrand von Salzburg liegt schon seit Jahren ein spaciger Edelstahlzylinder in der Wiese. Nun bekam er expressive Gesellschaft von den Architekten Forsthuber/Scheithauer

11. August 2007 - Isabella Marboe
Der Bauherr ist Fotograf und hat einen ausgeprägten Sinn für Marketing. Schon das erste Studio, das die Architekten Christian Prasser und Philipp Lutz in den Garten seines Elternhauses gesetzt hatten, machte in der ruhigen Siedlung am Stadtrand von Salzburg viel Furore. Den futuristischen Edelstahlzylinder, der einer Filmrolle nachempfunden war, kannte jeder. Der Raum war eine Klasse für sich und etablierte sich rasch als hippe Event-Location.

Doch nun wollte der Bauherr expandieren. Der autonome Zubau - freilich wieder ein Stück zeitgenössischer Architektur - sollte drei autonome Büroeinheiten und eine Wohnung fassen. Vor allem aber musste er den Zylinder aus alten Tagen um ein Vielfaches toppen. Dem Bauherrn schwebte nämlich ein kleiner architektonischer Cluster vor.

Drei Architekturbüros wurden zu einem Wettbewerb geladen, das Team Forsthuber-Scheithauer gewann mit einer expressiven Skulptur, die man erst im Durchwandern gänzlich begreifen kann. Das alte Elternhaus wurde gänzlich abgerissen, an seine Stelle trat eine von Lichthöfen umflutete Büroebene, die in der Erde steckt. Mit hoher Raumakrobatik ist darüber ein signifikantes Gebilde aus Stahlbeton in die Höhe gestemmt, 500 Quadratmeter misst das stolze Ding. Wie der Tonarm eines Plattenspielers legt sich das weit auskragende Obergeschoß über den alten Edelstahlzylinder von Prasser und Lutz, leuchtgelb ragen vorspringende Bauteile aus der mattsilbernen Alufassade.

Das Haus ist ein Kraftakt, seine Form ist alles andere als beliebig. „Wir haben die Satteldach-Typologie quergelegt und haben alle Traufpunkte und Firsthöhen mit den Nachbarn abgestimmt“, sagt Architekt Thomas Forsthuber. Die raffinierte Dachfaltung birgt südseitig ein Büro mit Galerie, die schmale Nordseite ragt wie der Bug eines Schiffes in den Gartenspitz, und über das abgegrabene Atrium, das die Büros im Keller erhellt.

Ein tierisches Haus

Hier ragt ein gelber, schräg zugespitzter Balkonbaukörper keck aus dem Obergeschoß, dort lugen das Bad der Wohnungsmaisonette und die Sanitärbox des Büros frech aus der Westflanke. Und dann der frei schwebende Tonarm, der über den Zylinder ragt: Am langen Balkon vorm Panoramaglas kann man gleichsam in die Natur treten. An die 100 Tonnen Zug lasten auf jedem Auflager des 14 Meter langen Stahlträgers, der hier alle Arbeit leisten muss. Doch vom gewaltigen Kräfteverlauf - als statisches Gegengewicht wirkt die Dichtbetonwanne des Kellers - spürt man nicht viel, denn der Träger verläuft in der Wand. „Für die Fenster gibt es Ausnehmungen, damit man aus der Schnauze in die Landschaft schauen kann“, erklärt Forsthuber in animalischen Bildern, „das Haus ist wie ein Vieh, das auf Zehenspitzen steht. Es könnte locker den Untersberg verschlucken.“

Was außen mit expressiven Ausstülpungen und Windfängen, mit Über-Eck-Verglasungen und dramatischen Materialien beginnt, setzt sich auch in den Innenräumen fort - die Architekten sprechen von „skulpturaler Plastizität“. Fast sechs Meter hoch ist der Luftraum überm Foyer, schrille Farben bieten dem Besucher allerhand zum Schauen. Tresen und Regalborde mäandern in kräftigem Orange die grün-gelbe Wand entlang. Darüber ragt das Besprechungscockpit in den Raum und stülpt sich gelbgerahmt aus der Fassade.

Wer dieses Gebäude einmal gesehen hat, der vergisst es nie wieder. Der Aufwand hat sich sichtlich gelohnt: Nun verfügt das Fotostudio gleich über eine doppelte Event-Location. Das Projekt wurde zum Bauherrenpreis 2006 nominiert.

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