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Was kostet ein Plan?
Der Standard

Bisher wusste niemand so recht, wie die Honorare von Architekten zustande kommen. Besonders verwirrt waren die Geld gebenden Bauherren. Nun ist eine Reform in Kraft getreten. Sie bietet mehr Transparenz - und fordert allen Beteiligten mehr Köpfchen ab.

29. September 2007 - Wojciech Czaja
„Wenn ein Baumeister einem Bürger ein Haus fix und fertig baut, so gibt er ihm als Honorar für ein Musar Wohnfläche zwei Säckel Silber.“ Die etwas altertümlich klingende Richtlinie stammt aus dem Codex Hammurabi und wurde 1700 v.Chr. mühsam in einen Diorit-Block gemeißelt. Im Wesentlichen haben sich die Honorarrichtlinien für die bauende Zunft bis in die heutige Zeit nicht verändert. Der Bauherr kommt zum Architekten, dieser steckt seine Nase in nebulose und nicht nachvollziehbare Prozenttabellen und offenbart dem potenziellen Auftraggeber schließlich, dass die Planung des gewünschten Objekts einen bestimmten Prozentsatz der Baukosten in Anspruch nehmen werde.

„Die bisherige Honorarordnung für Architekten und Ingenieurkonsulenten basiert zum Teil auf völlig unlogischen Annahmen“, sagt Bundeskammerpräsident Georg Pendl, „wenn ein Architekt eine Baukostenexplosion verursacht, dann kann er daran verdienen. Doch wenn er durch clevere Planung dazu beiträgt, Baukosten einzusparen, dann schneidet er sich damit ins eigene Fleisch, weil dadurch auch sein Honorar sinkt.“ Dass man einem Architekten zur Abgeltung seiner Leistung einen gewissen Prozentsatz der Baukosten zubilligt, geht auf eine Richtlinie aus dem 18. Jahrhundert zurück, doch die Umstände hätten sich seitdem drastisch verändert, so Pendl. „Heute gibt es billige und teure Baustoffe, es gibt einfache und komplizierte Projekte. Der Bedarf nach einer betriebswirtschaftlich ausgelegten Novelle war daher enorm.“

Seit 1. Jänner 2007 ist alles einfacher und transparenter - sowohl für Auftraggeber als auch für Auftragnehmer. Nicht zuletzt geschah dies auf Drängen der Bundeswettbewerbsbehörde und des Bundeskartellanwalts - mit Inkrafttreten des Kartellgesetzes im Jahre 2005 fielen verbindliche Honorarrichtlinien ins Kartellverbot. Die neue AHA 2007 (Analyse Honorare für Architektinnen) - so der aktuelle Name laut Auskunft der Bundeskammer - liefert stattdessen empirische Werte darüber, wie viele Arbeitsstunden die jeweiligen Bauaufgaben von der Kleingartenhütte bis zum hochkomplexen Krankenhaus in Abhängigkeit von der Bruttogeschoßfläche durchschnittlich in Anspruch nehmen. Untersucht und ausgewertet wurden österreichweit rund 900 Projekte.

„Das neue System liefert keine verbindlichen Richtlinien mehr, sondern spricht lediglich Erfahrungswerte aus“, sagt Architekt Hubert Kempf, der an der Reform des Honorarwesens maßgeblich beteiligt war, „in Zukunft kann der Architekt dem Bauherrn eine Schätzung über die voraussichtliche Stundenanzahl liefern.“ Und wer bestimmt den Stundensatz? „Früher haben sich die jungen Idealisten völlig unter ihrem Wert verkauft“, so Kempf, „aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen, die zunehmend auch in dieser Branche an Bedeutung gewinnen, kann nun jede Architektin und jeder Architekt den jeweiligen Stundensatz frei bestimmen.“ In Zukunft, ist sich Kempf sicher, werde man damit jede Art von Korruption unterbinden können - beide Parteien spielen mit offenen Karten und können über den Umfang der Architektenleistung frei verhandeln.

Preisdumping?

Das klingt im ersten Moment nach grünem Licht für noch mehr Preisdumping, als dies bislang schon der Fall war. „Den Architekten geht's jetzt schon schlecht“, sagt Rechtsanwalt Hannes Pflaum, „in Zukunft wird es ihnen noch viel schlechter gehen.“ Nicht so tragisch sehen das Reformisten in der Kammer. „Umbruchphasen sind immer ungewohnt. Bis zur vollständigen Eingewöhnung werden Jahre vergehen, und bis dahin kann sich ja noch jeder an der Honorarordnung orientieren“, erklärt Bundeskammerpräsident Pendl. Kempf hingegen: „Ich sehe kein Problem. Selbst große Investoren und Bauträger, mit denen wir schon seit Langem im Gespräch sind, haben anklingen lassen, dass sie die neue Analyse als Grundlage akzeptieren.“ Wichtig sei nur, dass sich die Architektenschaft in Ausdauer übt und dass sie an die Reform glaubt.

„Es kann nicht mehr sein, dass jede zweite Arbeitsstunde eines Architekten gratis ist. Architekten erwirtschaften im Jahr gerade mal 22.000 Euro brutto!“ Noch schlimmer ist es übrigens bei den Frauen. Hier beträgt das durchschnittliche Jahreseinkommen unter Architektinnen nicht mehr als 10.000 Euro. Mit der AHA 2007 soll sich das ändern.

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