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Das Licht in der Auster
Spectrum

Saunen, Dampfbäder, Whirlpools und ein Wellnessbereich mit Salzraum. Dazu ein Lichtkonzept und sorgfältig begrünte Außenanlagen. Man spürt, dass die Architekten selbst passionierte Bad- und Saunabenutzer sind.

26. Februar 2011 - Iris Meder
In der Freizeit sollte man ja nicht zuletzt Körper und Psyche Gutes tun. Dieses Gute kann beispielsweise darin bestehen, Sport zu betreiben. Oder aber auch sich einfach nur durch Nichtstun zu entspannen. Mit diesen beiden – gerne kombinierten beziehungsweise aufeinander folgenden – Aspekten hängen auch die sich wandelnden Anforderungen zusammen, die an Schwimmbäder gestellt werden. Mit einem 25-Meter-Becken mit abgegrenzten Bahnen ist da kaum noch wer hinterm Ofen hervorzulocken.

Ein Schwimmbad muss heute nicht nur Sportstätte, sondern auch, wenn nicht gar in erster Linie, Wellness-Zentrum sein, so viel ist klar. Dabei verschwimmen die Grenzen von Sportbad und Therme zusehends. Heilkräftige Quellen scheinen für einen Thermenbetrieb eigentlich gar nicht mehr notwendig zu sein. Gefragt sind Zentren für körperliche Wohltaten in warmem und kaltem Wasser, Dampf und Salzluft.

In Graz ging man aufs Ganze und ersetzte das in den Sechzigerjahren nach Plänen der Architektin Hertha Rottleuthner-Frauneder gebaute Frei- und Hallenbad Eggenberg durch einen Neubau nach Plänen der Architekten fasch&fuchs, die als Sieger aus einem offenen EU-weiten Wettbewerb hervorgegangen waren. Das neue Bad rückten die Architekten an den Rand des Eckgrundstücks. Der Parzellenform folgend, ist der Baukörper bumerangartig abgewinkelt. Ein gemeinsames transparentes Foyer mit wasserblau verglastem Windfang, an türkischen Nougat erinnerndem, gesprenkeltem Boden und einem orange hinterleuchteten Info- und Kassenpult erschließt rechts das Sportbad mit 50-Meter-Wettkampfbecken und Zuschauertribünen, links den Wellnessbereich mit mehreren Innen- und Außenbecken und in der Mitte das Freibad, das im Mai eröffnet wird. Hier ist mit dem 50-Meter-Außenbecken ein letzter Rest der alten Anlage erhalten geblieben.

In seiner Dachlinie folgt der Bau den Funktionen, die er aufnimmt. Vom flachen Kleinkinder-Beckenbereich hinter dem Sportbecken schwingt er sich über das zweigeschoßige Foyer, über dem die teils mit spektakulären Ausblicken auf Freifläche und Schwimmhalle ausgestatteten Verwaltungsräume, ein Physiotherapie-Zentrum sowie eine verglaste VIP-Loge für Wettkämpfe liegen, und auf der anderen Seite wieder herunter bis zum intimen Bereich der finnischen Sauna mit vorgelagertem Ruhegarten. Das Bild einer Auster, die sich nach außen leicht öffnet und in ihrem Inneren irisiert und glänzt, prägte nicht nur den Entwurf von fasch&fuchs, sondern gab am Ende dem ganzen Bad seinen Namen.

Eine Stahlfachwerk-Konstruktion trägt das Dach mit einer Untersicht in weißlich lasiertem Holz. In der Schwimmhalle sind unter ihm weiße Textilsegel gespannt. Als gleichermaßen akustische wie brandschutztechnische Elemente sind sie von einer Seite geschlossen und öffnen sich, auch hier einer Auster ähnlich, zur anderen Seite. Der Rhythmus der dadurch entstehenden belebten Rautenstruktur folgt den Bahnen des Schwimmbeckens.

Mit einer großzügigen Verglasung gibt die hellbeige geflieste Halle den Blick nach Westen zum Freigelände und Schloss Eggenberg ebenso frei wie zur östlich gelegenen Straße. Fußgänger promenieren so parallel zu den auf der Empore entlanggehenden Schwimmern im Badekostüm, Passanten können Blicke auf die über eine Brücke erreichbaren Sprungtürme erhaschen. Tageslicht ohne Einblicke kommt über großzügige Oberlichtbänder sogar in die Sportlerumkleiden im Untergeschoß. Überhaupt sind die Umkleideräume mit auffallender planerischer Sorgfalt gestaltet – nicht düstere Kellergelasse, sondern angenehme, farblich fein abgestimmte, großzügig geschnittene Foyers, in denen man sich gern aufhält.

Dass beide Architekten nicht nur selbst gerne ihre Bahnen ziehen – Hemma Fasch ist ums Eck aufgewachsen und war in ihrer Jugend häufiger Gast des alten Bades –, sondern auch passionierte Saunagänger sind, ist dem Bau überall anzumerken. Auch in den auf rund 180 Besucher angelegten Wellnessbereich mit Salzraum, diversen Saunen, Tepidarien, Dampfbädern, Tauchbecken und Whirlpools fließt großzügig Tageslicht von vielen Seiten und aus unterschiedlichen Winkeln. Vielfältige Wegeführungen und Raumbildungen verschiedenster Ausformungen von höhlenartig bis offen ermöglichen Ruheterrassen auf diversen Levels. Das Klaustrophobische vieler Saunen wurde zugunsten von Glaswänden mit Ausblicken vermieden. Überall ermöglichen Leselampen, die wie Insektenfühler aus Wänden und Decke wachsen, ein entspannendes Zeitverbringen nach eigenem Ermessen. Schieferartige anthrazitgraue Bodenfliesen und schimmerndes Glasmosaik geben der lichtdurchfluteten Wellnesszone eine warme Atmosphäre. Ein je nach Wochentag und Tageszeit wechselndes Lichtkonzept entwickelte der Künstler Thomas Hamann. Subtropische Pflanzen bevölkern den Innenraum, die Gestaltung der Außenanlagen mit Tamariskengarten, Rosen, Bambus und niedrigen Hecken lag bei der Landschaftsarchitektin Alice Größinger und ihrem Büro Idealice.

Die Möblierung reicht von amorphen Sitzsäcken, die nach den Bedürfnissen der Besucher da- und dorthin gezogen und zum Lesen oder für ein Schläfchen genutzt werden, bis zu klassisch-modernen Max-Bill-Liegen und flaschenförmigen dänischen Lampen im schicken kleinen Restaurant des Bades. Dort konnten die planenden Architekten die Gestaltung bis hin zum Muster der Tischplatten, ja sogar bis zum Namen des Lokals selbst in die Hand nehmen – sie genossen bei ihrer Arbeit das volle Vertrauender Auftraggeber. „Der Bauherr war sehr interessiert und hat an allen Besprechungen teilgenommen“, betont Hemma Fasch die essenzielle Bedeutung von Partnern, die hinter dem Projekt und den Planenden stehen. Dass die Architekten selbst gerne Schwimmhalle und Sauna der Eggenberger „Auster“ besuchen, gibt ihrem Entwurf ebenso recht wie der enorme Besucheransturm seit der Eröffnung am 10. Februar. Und hier ist es ausnahmsweise der Optimalfall, wenn die Architekten von sich selbst als potenziellen Nutzern ausgehen: „Wir haben an unsere eigenen Bedürfnisse als Badbesucher gedacht.Eigentlich haben wir das für uns gemacht.“

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