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Weltstadthaus macht Weltstadt aus
Der Standard

Diese Woche wird in Wien das neue Kaufhaus Peek & Cloppenburg eröffnet - Architekt David Chipperfield schuf ein Symbol für modernes Einkaufen

27. August 2011 - Wojciech Czaja
Langsam füllen sich die Regale, die letzten Kleider werden auf die Bügel gehängt, Diesel, Barbour, Tommy Hilfiger. Am Donnerstag wird in der Kärntner Straße das neue Kaufhaus von Peek & Cloppenburg eröffnet. Und die Wiener Innenstadt ist auf einen Schlag um 12.000 Quadratmeter Verkaufsfläche reicher.

Das neue „Weltstadthaus im Herzen Wiens“, wie der Bauherr das Geschäft selbstbewusst nennt, fügt sich perfekt in die Reihe der bisherigen Flagship-Stores von P&C (siehe dazu auch Ansichtssache). Nach Gottfried Böhm (Berlin, 1995), Richard Meier (Düsseldorf, 2001) und Renzo Piano (Köln, 2005) ist nun ein weiterer großer Mann mit von der Partie: der Londoner Architekt David Chipperfield. Nach dem 2010 eröffneten Kaufhaus Tyrol in Innsbruck ist der P&C in der Kärntner Straße damit das zweite Kaufhaus Chipperfields in Österreich. Und es ist das mit Abstand größte Neubauprojekt in der Wiener Innenstadt seit langem.

Neuinterpretation

Rasterfassade, heller Kalkstein und riesige Auslagen: Was vielen Wienern zu brutal erscheint, ist für den Architekten eine Neuinterpretation der sogenannten Curtain Wall, der großzügigen Fensterfassaden, die bei den Kaufhäusern des 19. und 20. Jahrhunderts so typisch waren. Chipperfield: „Ich wollte ein Haus mit Fenstern entwerfen. Man sieht nicht nur von der Straße ins Geschäft hinein, sondern auch vom Geschäft hinunter auf die Straße. Diese Blickbeziehung war mir wichtig.“ Atmosphärisch erinnere der neue P&C weniger an ein Kaufhaus, mehr an ein Museum. „Mit einem einzigen Unterschied: In einem Museum hätten wir wohl nicht so viele Lüftungsauslässe.“

Überall gibt es Holzböden und elegante Anschlussdetails in britischer Manier, über dem zentralen Atrium befindet sich eine Lichtkuppel mit einem unverwechselbaren Metallornament, das an den Jugendstil und somit an die Tradition der Wiener Architektur anknüpfen soll.

Und die Fassade besteht „nicht nur aus vorgehängten Platten“ (Chipperfield), sondern aus massiv aufgemauerten, zwölf Zentimeter dicken Donaukalk-Blöcken. „Qualität ist manchmal eben eine sehr subtile Angelegenheit“, stellt der Architekt im Gespräch mit dem STANDARD fest.

Teurer als andere Kaufhäuser

Die Baukosten für diesen „musealen Mehrwert“ werden von P&C wie bei allen bisherigen Projekten streng geheim gehalten. Nur so viel: „Das Weltstadthaus in Wien ist deutlich teurer als ein herkömmliches Kaufhaus, aber es ist nun mal kein herkömmliches Kaufhaus“, sagt Adrian Kiehn, P&C-Generalbevollmächtigter für Österreich und Mitglied der Unternehmensleitung. „Wir glauben daran, dass wir nicht nur Kleidung verkaufen, sondern auch Stil und Qualität. Und das spüren die Menschen.“

Nicht alles schien während der Bauphase so rosig wie heute. Im Erdgeschoß des ehemaligen Finanzministeriums waren Shops untergebracht. Im Gegensatz zu allen anderen Mietern hatte sich die Schuhhandelskette d'Ambrosio gegen eine Ablöse gewehrt und auf ihren unbefristeten Mietvertrag gepocht.

Nach langer Zeit schließlich - der Kampf verzögerte den Baubeginn um etliche Wochen - wurde für das 170 Quadratmeter große Geschäftslokal eine finanzielle Entschädigung vereinbart. Die genaue Höhe ist nicht bekannt, Finanz- und Immobilienexperten kolportieren jedoch eine Summe im Millionenbereich.

Trend im „Goldenen U“

Während Kohlmarkt, Graben und Kärntner Straße früher Heimat traditionsreicher Familienbetriebe waren, wird das „Goldene U“ in den letzten Jahren zunehmend von internationalen Luxusboutiquen und großen Markennamen beherrscht. Die für die Wiener Innenstadt so typischen Kleinunternehmen können sich die hohen Mieten nicht mehr leisten. Das neue Kaufhaus von P&C folgt damit einem Trend, der nicht mehr aufzuhalten ist.

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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