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Türmchenbau zu Schanghai
Der Standard

Österreich gibt seine Visitenkarte als Land der Baukunst wie des Designs ab: Ute Woltron über eine imposante, von Hans Hollein kuratierte Schau im „Shanghai Art Museum“.

5. November 2001 - Ute Woltron
Schanghai - Die österreichisch-chinesischen Kulturbeziehungen sollen künftig mit System vertieft werden, der ersten Spatenstich dazu erfolgte am Wochenende in Schanghai: Kunststaatssekretär Franz Morak eröffnete quasi Hand in Hand mit Architekt und Kurator Hans Hollein eine großzügige Ausstellung österreichischer Kulturprodukte, und es ist kein Zufall, dass es sich bei den Exponaten im Shanghai Art Museum hauptsächlich um Ansichten heimischer Paradearchitekturen handelt.

Schanghai selbst ist derzeit die emporschießende Baustelle der Welt - die blutjungen Wolkenkratzer hier nehmen sich gegen die gediegen gewachsenen Wiener Hochhäuserln aus wie Stangenbohnen gegen Radieschen. Beides hat seine Qualität, auch die Geschwindigkeit wird ein zunehmend wichtiger Faktor in der Architektur, und wie sich andererseits die Baukunst mit Design und Kunst zu einer neuen Disziplin verbünden kann, hat Hollein international an vorderster Front vorgezeigt.

Die von ihm kuratierte Ausstellung mischt denn auch Kunst, Architektur, Design zu einem bekömmlichen Cocktail, dem es, einigen Unkenrufen zum Trotz, weder an Jugendlichkeit fehlt noch am gediegenen weiblichen Input. Holleins Crossover-Geschick, die gesamte Szene zu einem Präsentationsteppich zu verknüpfen, ist beeindruckend, und dass eine Überblicksschau nicht dazu da ist, den allerneuesten Tendenzen der Branche auf den letzten Milchzahn zu fühlen, versteht sich von selbst.

Der Bogen der gezeigten Arbeiten spannt sich weit von der wohletablierten Klientel, wie Wilhelm Holzbauer und Gustav Peichl mit ihren Wiener Türmen, bis zur jüngeren Garde, hier vertreten etwa von Henke & Schreieck, Delugan & Meissl, Rainer Pirker und Florian Haydn, und reicht bis hin zu Coop Himmelb(l)au und Zaha Hadid. Hollein hat sich selbst und seinen Media-Tower freilich nicht vergessen.

Die Designschiene der Ausstellung ist ein wenig schmal: Walter Pichlers Fauteuilklassiker Galaxy ist zu sehen und Paolo Pivas Wittmann-Entwürfe stehen elegant herum, insgesamt hätte Österreich hier allerdings mehr zu bieten, vor allem im Bereich des ausstellungsmäßig stets unterbelichteten Industriedesigns. Etwas umfassender hat man sich der bildenden, der Medien-und der angewandten Kunst angenommen, wohl weil die Sammler Karlheinz und Agnes Essl ihre Kunstkammern zur Verfügung gestellt haben.

Der Kurator hat auch in diesem Bereich versucht, ein Gesamtgemälde zu erstellen, und Valie Export, Franz West, Peter Kogler, Heimo Zobernig, Hans Christian Attersee, Maria Lassnig, Hermann Nitsch, Arnulf Rainer, Hubert Schmalix unter ein Ausstellungsdach gebracht.

Holleins Schanghai-Ausstellung versucht einen, wie er meint, „Crossover zwischen den Künsten“, der den Österreichern seiner Ansicht nach mit „fließenden Übergängen zwischen den Bereichen Malerei, Plastik, Architektur und auch Medien, Film, Design, Mode“ besonders zu liegen scheint. Die international meistbeachtete Kunstentwicklung Österreichs im vergangenen Halbjahrhundert bleibe aber die Architektur.


[„Austrian Contemporary Art, Architecture and Design“, Shanghai Art Museum, bis 30. 11., ein Katalog ist bei Holzhausen erschienen.]

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