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Workshop und Öffnung
Workshop und Öffnung
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Vater und Sohn Hollein kuratieren die Pavillons Österreichs und der USA. Und sie schlagen dabei gänzlich verschiedene Wege ein.

16. Juni 2000 - Roland Schöny
Architekturdiskussionen laufen auf mehreren Ebenen, die sogar zu einander in Widerspruch stehen können. Auf der einen Seite geht es um ideale Kubaturen und formschön komponierte Fassaden, kurz gesagt um Bauwerke, die früher oder später als sogenannte Architektur-Pin-Ups in der Fachpresse erscheinen. Auf der anderen Seite stehen die Bedürfnisse von Bewohnern oder arbeitenden Menschen, die ihren Alltag in solchen stilistischen Ikonen verbringen.

Des weiteren geht es um akute Fragen der Stadtentwicklung; speziell in solchen Zonen, die vernachlässigt, dem Verfall preisgegeben oder von der Planung noch nicht definiert sind. Auf solchen Problemkreisen baut das diesjährige Motto der Architektur-Biennale von Venedig auf: „Stadt: Weniger Ästhetik, mehr Ethik“ lautet die von Biennale-Leiter Massmiliano Fuksas ausgegebene Leitlinie.

Zwei der Biennale-Kuratoren kommen aus Österreich, und sie heißen Hollein. Vater Hans Hollein, der bereits zweimal Gesamtleiter der Architektur-Biennale war, ist diesmal für den heimischen Pavillon zuständig. Sein Sohn Max Hollein, Kurator im Guggenheim Museum in New York, hat das Konzept für die Ausstellung im amerikanischen Pavillon entworfen.


Studenten-Workshop

Bereits ein Vergleich zwischen den Präsentationen der USA und Österreich zeigt, wie unterschiedlich sich das interpretieren lässt. Max Hollein hat sich für eine Laborsituation im amerikanischen Pavillon entschieden. Er hat die Plattform der Biennale genutzt, um in den nächsten Wochen mit Studenten einen Workshop abzuhalten. „Das Programm wird angeführt von Hani Rashid, einem Architekten und Professor an der Coumbia University in New York“, erzählt Max Hollein, „und von Greg Lynn, der in Los Angeles lebt und arbeitet und dort auch Professor an der UCLA ist.“ Diese beiden haben aus ihren Studenten die besten ausgewählt, die sie nach Venedig bringen.

Max Hollein beobachtet, dass sich durch neue Technologien Informationszentren bilden, die nicht mehr mit den Kernen der gebauten Stadt identisch sein müssen. „Die Architekten, die im amerikanischen Pavillon arbeiten, sind sehr mit den neuen Technologien vertraut und interessieren sich besonders für das Verhältnis von virtueller und realer Architektur“, so Hollein

Mehr als vier Wochen lang sollen die einzelnen Arbeitsgruppen aus internationalen Studenten in Venedig tätig sein, womit die Ausstellung der USA eine Art Work-In-Progress-Charakter erhält. Das technisch und finanziell aufwendige Projekt wird im Gegensatz zu anderen Länderpräsentationen größtenteils von Sponsoren aus den USA, Italien und Österreich zur Verfügung gestellt. Auf eine solche internationale Vernetzung von Planungs- und Produktionsprozessen in der Architektur wiederum verweist Hans Hollein im Österreich-Pavillon.


Offenes Österreich

Österreichs Biennale-Kommissär Hans Hollein hat auf die angesichts des Themas weiter obsolet gewordenen nationalen Zuordnungen verzichtet und präsentiert im Austria-Pavillon die Schau „Österreich - Aktionsfeld für internationale Architektinnen und Architekten. Ausländer lehren, entwerfen und bauen in Österreich“.

„Ich habe schon vor den vergangenen Wahlen mitgeteilt“, betont Hans Hollein, „dass ich die Präsentation in den nationalen Pavillons für nicht mehr ganz zeitgemäß halte und dass ich plane, den Pavillon zu öffnen.“

Biennale-Chef Fuksas ist hier vertreten (mit dem Twin Tower am Wienerberg und dem Shopping Center Europark Spar Salzburg), Peter Cook mit seinem Siegerprojekt für das Grazer Kunsthaus und Ben van Berkel für sein Projekt für ein Musiktheater der Kunstuniversität „Mumut“ in Graz.

„Das ist auch eine gewisse Anerkennung von iniativer Bauherrnschaft“, sagt Hollein.



Von Zaha Hadid bis Jean Nouvel


Von Jean Nouvel wird die Interunfall Landesdirektion in Bregenz gezeigt, von Thom Mayne das Hypo-Alpe-Adria-Zentrum in Klagenfurt, von Zaha Hadid ihr Siegerprojekt für die Bergisel-Schanze Innsbruck und die Überbauung der Stadtbahnbögen Spittellauer Lände in Wien. Greg Lynn ist mit dem OMV-Pavillon in Wien-Schwechat präsent und Sir Norman Foster mit dem „Masterplan in Progress“ für das Projekt Eurogate Vienna. Dieses Projekt für die Aspanggründe in Wien-Landstraße wird auch von Planungsstadtrat Vizebürgermeister Bernhard Görg auf einer eigenen internationalen Pressekonferenz mit Foster in Venedig vorgestellt.


„Ort der Toleranz“


Ein weiteres österreichisches Projekt ist „Ort der Toleranz. Für Frieden und Freiheit der Kunst - gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ mit Beiträgen von Van Berkel, Hadid, Lynn, Mayne, Nouvel sowie Hermann Czech und Adolf Krischanitz. Hans Hollein hat vorgeschlagen „ein Mahnmal oder etwas Ähnliches“ zu entwerfen und dafür den Ballhausplatz als Ort der Aufstellung angeregt, „man muss sich aber nicht daran halten“, konzediert Hans Hollein.


Die Besucher sind eingeladen, Kommentare zu den Projekten und zur aktuellen Situation abzugeben. Die Ergebnisse sollen von einer internationelen Jury beurteilt, bei einem Symposion im September diskutiert und publiziert werden.

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