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Wege der Stadtteil-Entwicklung
ORF.at
16. Juni 2000 - Roland Schöny
Stadtentwicklung ist ein Dauerbrenner bei Architekturdiskussionen. Nicht nur Fragen der ästhetischen Gestaltung von Bauprojekten sind dabei wichtig. Denn, sobald ein Viertel verschönert wird, steigen auch die Mieten und Lebenskosten - Stichwort: Gentrifizierung.


Beispiel Graz

In Graz läuft schon seit einiger Zeit ein von der EU gefördertes Projekt mit dem Titel „Ein Leben mit allen Sinnen“ (e.l.m.a.s.). Dabei geht es um aktuelle Formen der Wahrnehmung der Stadt: in der Kunst, in den sogenannten Neuen Medien und selbstverständlich auch in der Architektur. Im Zentrum steht die Frage nach sinnvollen Formen der Stadtteil-Erneuerung, was unter anderen an den Beispielen des Jakominiviertels sowie des Quartiers Augarten diskutiert wird.


Lokale Rücksichtnahme

Im Rahmen von „Talking Cities“ in Graz wird jetzt diskutiert, wie Stadtteile durch Kulturarbeit aufgewertet werden können: nicht nur durch Kunst im öffentlichen Raum, sondern auch etwa durch Musikveranstaltungen in ehemaligen, jetzt leer stehenden Fabriks- oder Lagerhallen bzw. durch Erneuerungsprojekte, die von Künstlern gemeinsam mit den ansässigen Bewohnern durchgeführt werden. Nicht zuletzt geht es um die Frage, welche Qualitäten die zukünftige Kulturhauptstadt Graz aufweisen wird.

Roland Ritter vom Grazer Haus der Architektur betont die Ausrichtung an den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung. „Prozesse, die zu einer Verdrängung der ursprünglich ansässigen Bevölkerung führen würden, dürfen nicht einfach von vornherein in Kauf genommen werden“, sagt Ritter, der auch das Symposion organisiert hat.


Stadt und Globalisierung

Bei „Talking Cities“ beziehen dazu Theoretiker, Architekten und Künstler Stellung. Es geht etwa um den Gegensatz Shopping Mall und Jugendkultur, um Images der Stadt in der Fotografie oder um die Bildung von lokalen Öffentlichkeiten vor dem Hintergrund neuer Medien. Die in Wien lehrende Künstlerin Renee Green bringt dazu ein Beispiel aus Barcelona, die Philosophin Marina Grzinic berichtet von Subkulturen aus Laibach, der Architekturtheoretiker Robert Mull aus Cambridge wiederum untersucht Formen der Stadtmodernisierung, die eine Einbeziehung der ansässigen Bevölkerung ermöglichen.

Roland Ritter geht von einer multikulturellen Stadt im Zeichen der Globalisierung aus. Die Frage, die sich für ihn dabei stellt, ist, „wessen ästhetische Werte im Stadtraum umgesetzt bzw. zugelassen werden und welche Identitäten sich im Stadtraum wiederfinden dürfen.“ Brisante Fragen - „Talking Cities“ versucht bis Sonntag darauf Antworten zu finden.

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