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Der Standard

Zur Archäologie eines Wiener Vorstadtwirtshauses.

12. Februar 1999 - Ute Woltron
Der Name „Wrenkh“ steht in Wien für zweierlei: Einerseits ist da die köstliche, seit Jahren von Kritikerfeder gepriesene wrenkh'sche vegetarische Küche. Andererseits gibt es diese beiden sehr unterschiedlichen Lokalitäten in verschiedenen Bezirken, in denen man die lukullischen Angelegenheiten in sehr unterschiedlichem Ambiente zu sich nehmen kann.

Der Innenstadt-Wrenkh ist eines der ersten vom Wiener Architektengespann Gregor Eichinger und Christian Knechtl gemachten Lokale und geizt nicht mit witzigen und klugen Details. Wer je im Wirtshaus am Bauernmarkt gespeist hat, denkt fürderhin beim Anblick einer Campariflasche unweigerlich an rotschimmernde Lichtobjekte.

Das zweite Lokal, der Vorstadt-Ur-Wrenkh, war bisher ein gemütliches, aber bis zur Unkenntlichkeit mit Erinnerungsstücken angerümpeltes Raumkonglomerat mit zu vielen persönlichen Noten, um eindeutig zu sein. Die Sache sei nicht mehr zeitgemäß, dachten sich die Besitzer, und sie beauftragten ihre alten Architekten mit einer Sanierung und Neugestaltung des Restaurants im 15. Wiener Gemeindebezirk. Die Auflagen waren klar: Der Umbau sollte möglichst preisgünstig und möglichst rasch vonstatten gehen, und das Resultat sollte jedoch auch danach immer noch ein Vorstadtrestaurant sein, aber halt eben ein zeitgemäßes. Die Architekten hielten sich an die Vorschrift: Nach nur zweiwöchiger Planungszeit und atemberaubender zweiwöchiger Bauzeit konnte das Lokal vor kurzem neu eröffnet werden. Christian Knechtl: „Unser Ziel war eine Optimierung von Material, Aufwand und Energie. Das haben wir vor allem durch das Weglassen von Überflüssigem und durch das Ergänzen von Notwendigem erreicht.“

Die Architekten wühlten sich erst „wie Archäologen durch verschiedenste Schichtungen und Ebenen von Kitsch und Gerümpel“, die sich in den etwa 90 Jahren seit Bestehen des Wirtshauses angesammelt hatten. Nach Beseitigung mehrerer Zwischenwände, die sich im Laufe der Jahre aufgebaut und das Lokal zu drei Räumchen verkleistert hatten, und der Aussonderung diverser zur Gasthauscollage angesammelter Faktoten, förderten sie einen großzügigen, unverschachtelten Raum zutage.

Die alten, die Wände entlanglaufenden Lamperien - typisch für Wirtshäuser älteren Datums - wurden erhalten, nur neu gestrichen und zum Teil mit offensichtlich neuem Material ergänzt. Da sie in unterschiedlichen Höhen abschließen, sorgt nun ein neu angebrachtes, den Raum umlaufendes Bord für einen einheitlichen, beruhigenden Horizont. Dort dürfen auch ruhig noch ein paar Erinnerungsstücke ankern, sie werden von an die Wände montierten Schreibtischlampen beleuchtet. Ebenfalls erhalten geblieben ist die charismatische alte Kühl-Schank. Die übrige Möblierung wurde großteils erneuert.

„Das Neue“, sagt Christian Knechtl, „ist als ganz Neues erkenntlich, das Alte als ganz Altes. Wir wollten das System Vorstadtwirtshaus mit seinen Zeitschichten erhalten, und das haben wir nur erreicht, indem wir es der Zeit angepaßt haben.“

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