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Architekt von der Wiege bis zur Bahre
Der Standard

Kopf des Tages

15. Dezember 2016 - Wojciech Czaja
Eislaufen war er noch nie. Das würde er gern einmal ausprobieren, sagt der 64-Jährige, der in São Paulo ein Büro mit knapp 40 Mitarbeitern betreibt und einer der bekanntesten und umtriebigsten Architekten Südamerikas ist.

Zu seinen Projekten zählen Bars, Boutiquen, Bibliotheken, Hotels, Museen, Galerien, Restaurants, viele, viele Einfamilienhäuser – und vor allem Wohntürme. Mit einem solchen hat sich der sympathisch grinsende Mann mit Halbglatze und Hornbrille auch in Österreich einen Namen gemacht.

Isay Weinfeld ist jener Mann, der sich im Februar 2014 gegen 140 Architekten aus aller Welt durchsetzen konnte und für den Wiener Investor Michael Tojner (Wertinvest) einen Vorschlag für die Bebauung des Areals Eislaufverein und Hotel Intercontinental machte. Er punktete vor allem mit einer bedächtigen, sensiblen Architektursprache sowie mit dem Vorschlag, das bestehende Hotel zu erhalten und zu sanieren. So wie in seinem Eröffnungsjahr 1964 sollte das alte Intercont wieder als „Ikone von globaler Eleganz“ erstrahlen. Daraus wird nichts.

Weinfeld, der die Ruhe eines jüdischen Mischpoche-Papas ausstrahlt, nimmt die jüngste Entwicklung neben dem Stadtpark mit Gelassenheit. „Man kann nie allen gefallen. Befürchtungen, Ängste und Anfeindungen sind immer da, und diese gilt es zu respektieren. Ich bin offen für Dialog.“

Mit genau dieser Einstellung ist es ihm gelungen, eine so große Tätigkeitsbandbreite wie kaum ein anderer abzudecken. Zu seinen Auftraggebern zählen die brasilianische Hautevolee, Schönheitschirurgen, weltweit bekannte Konzerne wie der Flipflop-Produzent Havaianas, aber auch NGOs und öffentliche Kulturinstitutionen. Er hat schon Wiegen und Särge designt. Und sogar als Filmregisseur hat er sich bereits verdingt. In seiner Komödie Fogo e Paixão (Feuer und Leidenschaft) lässt er eine Horde von Touristen eine Großstadt erkunden.

Auch dem Essen und der Musik ist der passionierte Cineast nicht abgeneigt. Er hört Mozart, Beethoven und Arvo Pärt und lernt die Destinationen, an denen er tätig ist, am liebsten über den Magen kennen. „Wenn das Essen gut ist, dann habe ich auch großen Appetit auf Architektur.“ Und wie ist es um den Appetit auf Eis bestellt? „Die ersten Eislaufschuhe würde ich mir natürlich am liebsten in meinem eigenen Projekt in Wien anziehen“, so Weinfeld. „Mal schauen, wann das möglich sein wird.“

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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