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Wo bleibt die Wirkung?
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Diskutieren, sammeln, herzeigen, weiterentwickeln – aber wie und wo? Die österreichische Landschaftsarchitektur auf der Suche nach einem Haus als Aushängeschild.

24. März 2018 - Stephanie Drlik
Die Landschaftsarchitektur hat eine beachtliche Entwicklung hinter sich. Einst überwiegend mit gartengestalterischen Aufgabenstellungen beschäftigt, hat sich die Disziplin in den vergangenen Jahrzehnten emanzipiert und aus den Anforderungenunserer Zeit heraus in viele unterschiedliche Richtungen entwickelt. Man beschäftigt sich ganzheitlich mit der Landschaft, das schließt den physischen Landschaftsraum ebenso wie die Landschaft als Ökosystem, als Lebensraum, als Kultur- und Gesellschaftsraum ein.

Neben den wichtigen planenden und gestaltenden Kernkompetenzen der Profession liegt ihre Stärke unumstritten in dieser Ganzheitlichkeit, die kaum ein anderer Planungsberuf aufweist. Denn Landschaftsarchitekten stellen nicht nur komplexe ökologische, soziale, kulturelle, ästhetische und ökonomische Zusammenhänge her und setzen diese planerisch um, sie begleiten alle Entwicklungsphasen auch prozessual und beziehen involvierte Fachrichtungen und betroffene Bürger ein.

In einer Zeit, in der Aufgabenstellungen immer komplexer werden, machen diese Aspekte die Landschaftsarchitektur zu einem erfolgsbringenden Zukunftsfaktor nachhaltiger Entwicklungen. Insbesondere im globalen Wandel, der uns vor enorme Herausforderungen des Klimawandels, der Urbanisierung oder sozialer Umbrüche stellt, gewinnen systemübergreifende Lösungen der Landschaftsarchitektur an Bedeutung.

Dank dieses zeitgemäßen Profils weisen internationale Rankings die Profession als eines der stark wachsenden Berufsfelder der kommenden Jahrzehnte mit enormer Marktrelevanz aus. Das klingt vielversprechend und lässt Landschaftsarchitekten, die sich heute mit den ewig alten Problemen des Berufs herumschlagen, hoffnungsfroh in die Zukunft blicken. Doch soll die Landschaftsarchitektur den großen gesellschaftlichen und ökologischen Erfordernissen unserer Zeit gerecht werden und künftig als bedeutende Planungsdisziplin auf unsere heimische Baukultur Einfluss nehmen, muss in Österreich noch einiges geschehen. Denn die bloße Existenz der Profession, so nachhaltig ihre Themen auch sein mögen, bedeutet nicht per se Fortschritt.

Ein Defizit der heimischen Szene, das es dringend zu beheben gilt, ist die diametrale Entwicklung aus wachsender Marktrelevanz und stagnierender monetärer Bewertung. Nach Jahrzehnten der fachlichen Selbstfindung und der durchaus gelungenen Etablierung als relevante Planungsdisziplin laboriert die Landschaftsarchitektur noch immer an einem marktwirtschaftlichen Paradoxon: Trotz zunehmender Bedeutung und steigender Anerkennung innerhalb der Fachwelt stehen die Dienstleistungen und Produkte der Disziplin nach wie vor nicht sonderlich hoch im Kurs. Das mag an dem Problem liegen, dass sich der gestaltete Freiraum nur schwer wirtschaftlich be- und oftmals nur indirekt verwerten lässt. Doch was es auch immer sein mag, die Tatsache lässt einen Schluss zu. Selbst wenn das Bekenntnis zur Bedeutung des Freiraumes generell gegeben ist, wenn es um das Beauftragen und Bezahlen geht, scheint eine mangelnde Wertschätzung für Freiraumbelange vorzuherrschen.

Und das ist fatal, denn es ist gerade die notorische Unterbudgetierung von Freiraumprojekten und Honoraren, die eine disziplinäre Weiterentwicklung ausbremst. Die österreichische Szene ist divers und bunt, aber viele der realisierten Projekte zeigen nicht, was ästhetisch-kreativ und in Sachen Nachhaltigkeit und Fortschritt möglich wäre, sondern nur das, was unter Kostendruck und Budgetknappheit gerade noch machbar war.

Das Problem der mangelnden wirtschaftlichen Wertschätzung mag ein baukulturell oder gesellschaftspolitisch gewachsenes sein, doch es ist zu einem gewissen Maße auch hausgemacht. Denn bisher konnten Österreichs Landschaftsarchitekturschaffende keine sonderlich ausgeprägte Diskussionskultur etablieren. Die Planungsbüros reflektieren und diskutieren ihre Arbeit nur wenig in der Fachöffentlichkeit, und landschaftsarchitektonische Projekte werden selten in österreichischen Medien besprochen. Dabei sind gerade diskursive Reflexionen und kritische Projektrezensionen wichtige Faktoren zur inhaltlichen Weiterentwicklung des Faches und zur Steigerung der allgemeinen Wahrnehmung. Die Disziplin mit ihren zukunftsfähigen Arbeitsfeldern leidet also unter einer mangelnden Außenwirkung, und so findet das Landschaftsarchitekturschaffen hierzulande wenig Beachtung der Öffentlichkeit oder potenzieller Auftraggeber.

Der eigentliche Kern des angesprochenen Problems liegt aber weniger bei den Planungsbüros als vielmehr im Fehlen einer geeigneten Vermittlungsplattform. Eine Plattform, die der österreichischen Landschaftsarchitektur mehr fachliche Aufmerksamkeit verschafft, die relevante Themen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht und die Austausch und Diskussion rund um das disziplinäre Selbstverständnis und die Entwicklung des Standes der Technik ermöglicht. Im Gegensatz zur Architektur, die österreichweit mittlerweile von mehreren Architekturhäusern vertreten wird, gibt es hierzulande kein eigenes Themenhaus der Landschaftsarchitektur. Der Ruf der Branchenach einem „Haus der Landschaftsarchitektur“ zum Diskutieren, Sammeln, Herzeigen und Weiterentwickeln von Landschaftsarchitektur wird daher merklich lauter. Es wäre tatsächlich ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die Zukunftsfähigkeit, die Landschaftsarchitektur in Österreich institutionellzu verorten und der Profession ein nationales und internationales Aushängeschild zu verschaffen.

Bis es so weit ist, bleibt die Disziplin mit ihrem breiten Tätigkeitsspektrum darauf angewiesen, Inhalte in themennahen Häusern unterzubringen – was bislang allerdings nur mäßig in Anspruch genommen wurde. In den vergangenen Jahren gab es jedenfalls nur eine einzige landschaftsarchitektonische Werkschau in einem Architekturhaus. Es handelt sich um jenes Haus, dessen Direktorin nun als Kuratorin des österreichischen Beitrags zur Architekturbiennale 2018 berufen wurde. Jene Kuratorin, die zum Thema „Freespace“ ein Shared-Space-Projekt ins Leben gerufen hat und für dieses grundtypische Aufgabenfeld der Landschaftsarchitektur auf die Beteiligung eines Landschaftsarchitekturbüros im Planungsteam verzichtet hat.

Die Botschaft der letztjährigen Landschaftsräume Schau im Vorarlberger Architekturinstitut, die unter anderem auch das Ziel hatte, die allgemeine Wertschätzung der Landschaftsarchitektur in unserer Kulturgesellschaft zu stärken, ist anscheinend nicht angekommen.

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