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„Volksoperette“ mit Architektur-Akteuren
Der Standard

Gerangel um die Sanierung der Volksoper

22. November 2001 - Ute Woltron
Wien - Mit ungewöhnlich harschen Tönen bedachte Michael Buchleitner, Vorsitzender der Wiener Architektenkammer, diese Woche per Aussendung die Österreichischen Bundestheater. Buchleitner bezeichnete deren Entscheidung, die Sanierung der Wiener Volksopernhülle in zwei Schritten in Angriff zu nehmen, als eine „in einem architektonischen Selbstbedienungsladen selbst inszenierte Vergabeoperette“ und sieht in der „halbherzigen Entscheidung“ Sinn und Zweck des Wettbewerbs „konterkariert“, nämlich „der Volksoper gute Architektur zuteil werden zu lassen“.

Im Juli hatte eine Jury die Projekte der Wettbewerbsteilnehmer Zerr, Hapke, Nieländer (Berlin) sowie Wilhelm Holzbauer (Wien) gleichrangig erstgereiht und die Letztentscheidung der Bundestheaterholding überlassen. Deren Geschäftsführer Georg Springer teilte nach mehreren Phasen architektonischer Überarbeitung und kostenmäßiger Berechnung vergangene Woche mit, dass Holzbauer die Fassadensanierung übernehmen solle. In Sachen Foyer, das ebenfalls neu organisiert werden muss, wolle man auf die Berliner Kollegen zurückkommen, sobald die Finanzierung dieser Maßnahme gesichert sei. Den Bundestheatern stehen jährlich etwa 80 Millionen Schilling für die Gebäudeerhaltung zur Verfügung. Die Fassadensanierung beläuft sich laut Gutachten auf etwa 37 Mio.


Heikle Wettbewerbe

Auf die Vorwürfe der Kammer reagierte Springer via Austria Presse Agentur mit Furor: Die „Operetteninszenierung“ habe wohl eher die Architektenkammer aufgeführt, und zwar „ohne den Inhalt der Ausschreibung und damit die Grundlagen des Verfahrens zu kennen“. Dem STANDARD gegenüber betonte Springer, dass man in Kenntnis der momentan heiklen Architekturwettbewerbssituation mit großer Sorgfalt an die Angelegenheit herangegangen und sich keiner Schuld bewusst sei: „Ausgeschrieben waren nur die Fassade und eine Ideenbringung mit dem ausdrücklichen Hinweis, dass hier die Finanzierung nicht gesichert sei. Wenn wir das Foyer angehen, wollen wir uns auf den Entwurf der Berliner stützen, weil der gut ist.“

Die Berliner zeigten sich erstaunt über die Heftigkeit der Debatte, wollen aber zurzeit keinen Kommentar abgeben. Auch Holzbauer hält sich mit Statements zurück. Er meinte: „Mich wundert eigentlich schon gar nichts mehr.“

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