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Die Schau des Architekten
Neue Zürcher Zeitung

Mario Botta in Berlin

27. Dezember 1999 - Claudia Schwartz
Auf der einführenden Texttafel hält Mario Botta fest, dass es anmassend sei, «im Fall von Architekturen» von Ausstellung zu sprechen, wo man doch in Wirklichkeit Zeichnungen, Pläne, Photographien und Modelle präsentiere. Anhand von solchen Objekten stellt Botta im Deutschen Architekturzentrum (DAZ) in Berlin sein Schaffen der vergangenen zehn Jahre unter dem Titel «Licht und Materie» vor. Es ist eine Schau von Botta, dem Architekten: minimalistisch in der Auswahl und rhythmisch in der Inszenierung. Sie gesteht in immergleicher symmetrischer Anordnung jedem Projekt einen Plan, einige Schwarzweissaufnahmen (von Pino Musi) und ein fein gearbeitetes, objekthaftes Modell (aus Birnbaumholz) zu. Ergänzt jeweils durch Kohleskizzen, die vom Meister schwungvoll auf die Stellwände gezeichnet wurden.

Ins Zentrum stellt Botta die Sakralbauten. Als Lichtfiguren in euklidischen Formen und skulpturalen Anordnungen scheinen sie mit der eigenen Gravität zu spielen: die beiden Tessiner Kapellen San Giovanni Battista in Mogno und Santa Maria degli Angeli am Monte Tamaro, die Kathedrale in Evry und die Cymbalista-Synagoge in Tel Aviv. Der zweite Teil zeigt öffentliche Gebäude und ihre unterschiedlichen «Umgangsformen» mit der Umgebung: Den Dialog mit dem Kontext suchen die Dortmunder Landesbibliothek oder das im Bau befindliche Kulturzentrum im italienischen Rovereto, das sich terrassenartig in den Hang einpasst. Beinahe autistisch dagegen wirken die Museen in Tokio und San Francisco, die sich im urbanen Dschungel zu behaupten versuchen, indem sie sich von ihrem Umfeld klar distanzieren.

Die als Architekturpräsentation beispielhafte Schau wartet nicht auf mit den sonst üblichen Mengen an Skizzenmaterial. Sie baut vielmehr auf das sinnlich Erfahrbare, das allgemein Zugängliche. Und lüftet damit nicht nur das Erfolgsgeheimnis von Botta, dem Ausstellungsmacher, der sich in dieser Rolle in der deutschen Hauptstadt eines beachtlichen Medienechos erfreut, sondern auch dasjenige von Botta, dem Architekten, der an der Vernissage den unzähligen Autogrammwünschen freundlich lächelnd nachkam. (Bis 15. Januar, kein Katalog)

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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