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Architektur als konzeptuelles Sampling
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propeller z sind mehr als nur Architekten. Und mit dem „Meister-Ding“ vergangener Zeiten haben sie schon gar nichts am Hut.

3. Oktober 2000 - Sabine Oppolzer
Der Name signalisiert Dynamik, Geschwindigkeit und Höhenflüge: propeller z. Getragen wird er wie eine kollektive Trademark, die für die Sprengung tradierter Organisationsmuster steht. propeller z gilt als Gallionsfigur einer Entwicklung, die eigentlich schon als Trend zu bezeichnen ist. Es ist eine der ersten Formationen dieser Art, die bis heute überlebt hat. Andere, wie Poorboys oder PKK haben bereits wieder das Zeitliche gesegnet.


Architektur abseits der Baulobby

Es war 1994, als sich Carmen Wiederin, Philipp Tschofen und Kriso Leinfellner zusammenschlossen und sich in erster Linie mit Aufgaben beschäftigten, die nicht dem klassischen Architekturbereich zuzuordnen sind. Was sie unter Architektur verstehen, erklärt Carmen Wiederin so: „Dass sich Architektur nicht nur in einer großen Baulobby abspielt, sondern sich, teilweise auch gezwungenermaßen, in Randgebieten und in anderen Feldern abspielt. Es ist für uns natürlich auch sehr interessant, uns nicht immer nur mit Gebäuden zu umgeben, sondern mit Elementen, die nur eine bestimmte Lebensdauer haben.“

Vergänglichkeit wird zum Konzept. Gestaltet hat propeller z alles: Von der einfachen Vitrine über Ausstellungsgestaltungen wie „fast forward“ bis hin zum bisher einzigen Bauwerk - das allerdings beinahe unsichtbar ist. Es handelt sich um den Meteoriten für den deutschen Energiekonzern RWE in Essen, der von André Heller ausgestattet wurde.


Vielleicht gar nichts bauen?

Propeller z entwarf elegante Weinkeller und aufregende Getreidesilos ebenso wie Geschäftseinrichtungen für die Modehandelskette Don Gil. So vielfältig wie die Aufgabenstellungen sind auch die Lösungsansätze. Für Kriso Leinfellner, der sich als musizierender Architekt verwirklicht, ist der springende Punkt immer ein klares Konzept: „Einfach auch einmal zu hinterfragen, wozu überhaupt gebaut werden soll. Vielleicht ist der Ratschlag, nichts zu bauen oder in einer anderen Form etwas zu verändern, der bessere.“

Es gilt die Devise: Bevor wir nur irgendetwas machen, machen wir es gar nicht. So mussten sich zum Beispiel die Gemeindeväter in Riegersburg, wo propeller z kürzlich den Wettbewerb zum Bau einer Liftanlage auf die Burg gewannen, intensive Hinterfragung gefallen lassen. Und bekamen dann von dem jungen Architektenteam statt der Erlebnishöhle mit Seilbahn eine dynamische Steighilfe, die zum Teil unterirdisch geführt wird, und schon für sich ein Erlebnis darstellt.


Von den Wipfeln in den Untergrund

Dazu Kriso Leinfellner: „Das hat den großen Vorteil, dass die Postkartenansicht dieser Burg nicht beeinträchtigt wird. Und es ist für die Benutzer unserer Meinung nach auch spannend, auf Höhe der Baumwipfel eine längere Zeit die Aussicht zu genießen und dann in das vulkanische Gestein einzudringen und am Schluss wieder mit einem völlig neuen Blickumfeld aufzutauchen.“

Wert gelegt wurde auf extrem hohe Transportkapazität: Die Fahrt dauert nur 30 Sekunden und kann von den Passagieren durch Knopfdruck selbst gestartet werden. Ein neuartiges System, das wie eine Standseilbahn funktioniert, aber nicht deren gesetzlichen Genehmigungsverfahren unterliegt.


Architektur aus einem Guss

Die Arbeit im Kollektiv bietet die Möglichkeit, einzelne Fragen oft zu überprüfen. Sind in der gemeinsamen Entwicklung alle Widersprüche in der Aufgabenstellung des Bauherren aufgedeckt, dann ist das Konzept hieb- und stichfest, wie Philipp Tschofen meint: „Im Idealfall ist ein Entwurf schon in der ersten Phase unter uns so gut ausgearbeitet, dass wir alle Einzelkomponenten von einem Produkt liefern können, das im Prinzip ein Guss ist, wo das Konzept das Wichtigste ist und sich die formale Ausgestaltung relativ schnell ergibt.“


Pragmatik statt Visionen

Bereits in den 60er Jahren gab es in Österreich und anderswo vereinzelt Architektenteams, die ihre Arbeit vor allem in der Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen und visionären Ideen verstanden. Die prominentesten Vertreter in Österreich: Coop Himmelb(l)au. Wolf Prix von Coop Himmelb(l)au scheint mit Maximen wie „Architektur ist alles was du machst“ die aktuelle Szene nachhaltig geprägt zu haben.

Während damals jedoch ein stark künstlerischer Zugriff auf die Projekte gepflogen wurde und die Architekten als Bilderstürmer galten, bedeutet das Kollektiv heute keinen bewussten Schritt mehr, sich von der Norm abzusetzen. Es ist nachgerade normal, wie Ka.bru meint. „Ich glaube, das passiert heute schon im Studium. Man lernt sich kennen und macht Projekte gemeinsam, man hat die Idee, gemeinsam etwas für einen Wettbewerb einzureichen, man sieht, das geht ganz gut. Das ist kein programmatischer Ansatz, das passiert irgendwie.“


Keine Popgruppen

Eine begünstigende Voraussetzung: Heute sind an der Uni Gruppenarbeiten erlaubt. Durch die Zusammenschlüsse treten wirklich junge Architekten an neue Aufgaben heran: das Altersmittel liegt bei Anfang bis Mitte dreißig. Sie gehen keine jahrelangen Assistenzen in etablierten Architekturbüros ein, sondern treten ihren Auftraggebern jung und selbstbewusst gegenüber. Trotzdem sehen sie sich als Popgruppen, wie es kürzlich eine Zeitung in der Schlagzeile vermeldete.

Auch wenn Musik in seinem Leben eine bedeutende Rolle spielt, kann Kriso Leinfellner darüber nur lachen: „Wenn Popgruppen viele Stunden am Tag vor dem Computer sitzen würden, gäbe es eine Übereinstimmung. Was den Vergleich nahe legt ist, dass wir eine Plattform sind von mehreren Leuten und dadurch mehr Öffentlichkeit erreichen. Wir können gemeinsam mehr produzieren, wir kennen mehr Leute. Wir haben einen Namen, ein Logo. Das alles rückt uns vom Einzelkämpfertum, von dieser Meister-Sache ab.“

Mit einem Wort: Kollektive sind wieder in. Über einen Mangel an Aufträgen können sie sich nicht beklagen. Die Teilnahme an Wettbewerben ist eher die Ausnahme, denn propeller z ist bestens ausgelastet mit Projekten, die direkt an das Team herangetragen werden.

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