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Pauschalschutz im Umbruch
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In Österreich werden Denkmäler seit dem 1. Weltkrieg geschützt. Aus Geldmangel jedoch immer weniger.

3. Oktober 2000 - Dorothee Frank
Das österreichische Denkmalschutzgesetz, das in seinen Grundzügen bis heute gilt, stammt aus dem Jahr 1923. Damit war Österreich vergleichsweise spät dran. In Frankreich etwa wurden unter dem Eindruck der schrecklichen Zerstörungen der Französischen Revolution noch viel früher rechtliche Maßnahmen zum Schutz historischer Bausubstanz gesetzt, nämlich schon vor 1850.

In Deutschland gab es ab den 1870er Jahren Denkmalschutz, dort gehörte die Erhaltung von Monumenten wie dem Kölner Dom oder der Wartburg zur Konstruktion des nationaldeutschen Geschichtsmythos im durch Bismarck geeinten Reich.


Alles was Kultur ist

In Österreich wurde also das bereits um die Jahrhundertwende angedachte Denkmalschutzgesetz erst nach dem Ersten Weltkrieg Wirklichkeit. Was ist eigentlich das Kriterium dafür, dass ein Gebäude unter Schutz gestellt wird? Warum ist der eine Biedermeierbau denkmalgeschützt, der andere nicht?

Ernst Bacher, der Generalkonservator für Österreich, erklärt: „Was Denkmal ist, deklariert unser Denkmalschutzgesetz sehr gut, das braucht eine entsprechende geschichtliche, künstlerische und kulturelle Bedeutung. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass diese Gebäude heute noch künstlerisch so bedeutend sind, dass sie geschützt werden müssen.“


Klimt-Villa ist nicht schützenswert

Es gibt in Wien einen aktuellen Fall, der die Bedeutung dieses Gesetzestextes gut illustiert. Eine Bürgerinitiative pocht auf Denkmalschutz für die so genannte Klimt-Villa in Hietzing, weil der Maler dort in den letzten Lebensjahren sein Atelier hatte. Das Bundesdenkmalamt will die Villa trotzdem nicht unter Schutz stellen, weil das Haus architektonisch nicht die entsprechende Qualität aufweise und von seiner sinnlichen Erscheinung her die wesentlichen Merkmale des Klimt-Ateliers verloren habe, so die Argumentationslinie des Denkmalamtes.

Mit dem Denkmalschutzgesetz von 1923 wurden bei weitem nicht nur Gebäude unter Schutz gestellt, sondern zumindest bei Bauten der öffentlichen Hand auch deren gesamter Inhalt, auch bewegliche Kulturgüter. Das war in Kriegszeiten ein gutes Sicherheitsnetz, vor allem im Zusammenwirken mit dem Ausfuhrverbotsgesetz, wonach denkmalgeschützte Gegenstände, auch wenn sie im Privateigentum stehen, nicht ausgeführt werden dürfen.


Kunsthandel schützen

Derzeit ist aber dieser strenge Pauschalschutz im Umbruch. Mit einer Novelle, die Anfang dieses Jahres in Kraft trat, wurde das Ausfuhrverbotsgesetz gelockert, auch um die Konkurrenzfähigkeit des österreichischen Kunsthandels nicht zu gefährden.

Und, was ebenfalls große Tragweite hat: Das Denkmalamt unternimmt die große Arbeit, das denkmalgeschützte Gut der öffentlichen Hand Stück um Stück zu katalogisieren, die Deadline dafür ist der 1. Jänner 2010. Dann wird nicht mehr einfach das Schloss Schönbrunn samt nicht näher bezeichnetem Inhalt geschützt sein, sondern man wird genau wissen, was da im Einzelnen schutzwürdig ist und wieviel die Erhaltung dessen kostet.

Das Denkmalamt forciert dieses Vorhaben trotz des großen Aufwandes, denn mit den genauen Listen wird man ein wichtiges Argument gegenüber dem Finanzminister in der Hand haben. Der Geldbedarf für den Denkmalschutz und das zur Verfügung stehende Budget klaffen immer weiter auseinander.


Wenig Geld für Denkmalschutz

Bei denkmalgeschützen Objekten im Privatbesitz tragen die Eigentümer wie etwa die Kirche oder private Schlossbesitzer die Hauptlast des Erhaltungsaufwandes. Zuschüsse gibt es u.a. vom Bund: noch vor einigen Jahren waren das insgesamt 200 Millionen. Auch schon wenig, wenn man bedenkt, wie viele kleine Schlösser, Kirchen oder denkmalgeschütze Villen es in Österreich gibt. Im Vorjahr gab es dafür schon nur mehr 153 Millionen vom Bund, heuer sind es nur mehr 133 Millionen.


Werbeträger Denkmal

Inzwischen wird manch ein privat Betroffener in der Not erfinderisch. Der Pfarrer der dringend sanierungsbedürftigen Votivkirche, Joseph Farrugia, hat in den letzten Jahren Geld durch Werbung beschafft, diverse Firmen brachten große Transparente an der Kirchenfassade an.

Anfangs wurde Pfarrer Farrugia wegen der Werbung an der Kirchenfassade etwas angefeindet, inzwischen haben andere Pfarren die Idee übernommen. An der Votivkirche sieht man momentan aber keine Transparente, denn jetzt fehlt sogar schon das Geld, um ein Baugerüst aufzustellen.

Auch die zuständige Ministerin Elisabeth Gehrer will Aktionen starten, etwa eine Rubbellosaktion zugunsten des Denkmalschutzes, um die Budgetlöcher zu stopfen - diese Idee hat aber laut Auskunft im Ministerium das Stadium des Konkreten noch nicht erreicht.

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