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Reif für die Insel
ORF.at

Die Kosten für die Sanierung der Berliner Museumsinsel werden zwischen Bund und Stadt wie eine heiße Kartoffel behandelt.

7. Dezember 2001
Nach der Eröffnung des Museumsquartiers in Wien heftet sich jetzt die Berliner Museumsinsel das Etikett „Größte Kulturbaustelle der Welt“ an die Brust. Die zum Teil noch von den Kriegszerstörungen gezeichneten Gebäude sollen ihren alten Glanz zurückerhalten.


Verschärfte Finanzkrise

Die Kosten für die Sanierung des Kunstkomplexes liegen allerdings wie ein Mühlstein am Geldsäckel der deutschen Bundeshauptstadt. Rund zwei Milliarden Mark (1,023 Mrd. Euro/14,1 Mrd. S) sind veranschlagt.

Anfang Dezember ist die Alte Nationalgalerie nach dreijähriger Verschönerungskur als erster sanierter Bau in alter Pracht wiedereröffnet worden. Bei den Eröffnungsfeierlichkeiten betonte Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), dass die Hauptstadt nicht mehr in der Lage sei, die „unverhältnismäßig große Bürde“ bei der Baufinanzierung mitzutragen. Berlin sei eine „arme Stadt mit einer reichen Geschichte“. Hier müsse der Bund nun seine Verantwortung wahrnehmen.


Kunstkomplex

Auf weniger als einem Quadratkilometer ist auf der Spreeinsel zwischen 1830 und 1930 eine „Tempelstadt der Künste“ entstanden. Zur Museumsinsel zwischen zwei Flussarmen der Spree gehören das Pergamonmuseum mit dem weltberühmten Pergamon-Altar und der Prozessionsstraße von Babylon, Schinkels Altes Museum am Lustgarten, das wieder aufzubauende Neue Museum mit der ägyptischen Sammlung und der Büste der Königin Nofretete, die Alte Nationalgalerie im Stil eines griechischen Tempels und das Bodemuseum.


Kulturelle Wiedervereinigung

In der Alten Nationalgalerie, nach Plänen des Schinkel-Schülers Friedrich August Stüler bereits 1865 gebaut, sind nach der Renovierung durch das Stuttgarter Architekturbüro HG Merz nun mehr als 500 Gemälde und Skulpturen deutscher, französischer und anderer europäischer Künstler ausgestellt.

Viele Werke waren nach dem Krieg auf mehrere Berliner Museen in Ost und West verteilt worden und sind nach einem halben Jahrhundert wieder zusammen zu sehen. Mit der Renovierung des im Stil eines griechischen Tempels entworfenen Hauses wurde zugleich das dritte Obergeschoß als zusätzliche Ausstellungsfläche ausgebaut.

Zu den Prachtstücken unter den 440 Gemälden und 80 Skulpturen zählen die in der römischen Mäzenen-Villa Casa Bartholdy entstandenen Nazarener-Wandbilder, Adolph Menzels „Flötenkonzert“, Caspar David Friedrichs „Mondaufgang am Meer“, Arnold Böcklins „Toteninsel“ und Max Liebermanns sozialkritisches Bild „Flachsscheuer“.


Symbol der deutschen Einheit

Nirgendwo sei deutsche Geschichte so sehr auch Museumsgeschichte wie in der Nationalgalerie, sagte der Generaldirektor der Staatlichen Museen in Berlin, Peter-Klaus Schuster. Die Einheit der deutschen Nation, zunächst nur durch gemeinsame Sprache und Kunst beschworen, habe in der Berliner Nationalgalerie erstmals Gestalt angenommen. Nach dem Mauerfall sei das Museum dann zu einer „Werkstatt der Einheit“ geworden.
Die Nationalgalerie kann über den ganzen Monat Dezember kostenlos besucht werden.

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