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Paradies für Architekten
ORF.at
13. Dezember 2000 - Sabine Oppolzer
Die Formensprache des streng geometrischen finnischen Expo-Pavillons in Sevilla erregte viel Aufsehen. Der Bau mit Sperrholzverkleidung der Gruppe Monark machte unter anderem deutlich, dass Finnland über eine sehr lebendige Szene an jungen Architekten verfügt. Stammte der Entwurf doch von fünf jungen Studenten, die zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal ihr Studium beendet hatten, wie sich Ritta Norri, die Direktorin des Architekturmuseums in Helsinki erinnert. „Sie machten den Pavillon, dann trennten sie sich. Ich glaube, jetzt haben sie alle ihre eigenen Büros.“


Finnland in Österreich

Neben jungen Architekten werden in der Ausstellung aber auch die international bekannten Namen wie Alvar Aalto oder Eero Saarinen präsentiert. Adolph Stiller, dem Organisator der von der Wiener Städtischen veranstalteten Reihe Architektur im Ringturm, war auch der Konnex zu Österreich wichtig. Er erinnert an Kaija und Heikki Siren von denen der Entwurf des Linzer Brucknerhauses stammt, oder an Alvar Aalto, der den Wettbewerb zum Bau der Wiener Stadthalle gewonnen hatte, die tatsächlich dann von Roland Rainer errichtet wurde. „Wir haben auch Aaltos Originalpläne in der Ausstellung. Es ist also eine Gelegenheit, zu sehen, welche Chance Wien verpasst hat, einen echten Aalto zu haben.“


Guter Boden für junge ArchitektInnen

Exponate aus drei Höhepunkten der finnischen Architektur sind in der Ausstellung zu finden: Finnischer Jugendstils und Entwürfe aus den 30er Jahren, als die junge selbständige Nation ihr Erscheinungsbild mittels moderner, funktionalistischer Architektur prägte. Und schließlich, als letzte fruchtbare Phase dieses Jahrhunderts, die 90er Jahre.

Eine Besonderheit Finnlands ist, dass insgesamt nur 13 Prozent der Gebäude aus der Zeit vor 1920 stammen. Für Ritta Norri ist das auch ein Zeichen dafür, dass junge Architekten hier immer sehr gute Entfaltungsmöglichkeiten hatten. Man könne nicht wirklich von einer akademischen Tradition in Finnland sprechen, sagt Norri, da die Ausbildung von Architekten erst kurz vorn 1900 begann. „So gab es nie diese Opposition der Architekten gegen die Einflüsse der Moderne.“

Von Anfang an wurden auch Frauen zu dieser akademischen Ausbildung zugelassen. Die ersten Architektinnen kamen aus Finnland, an ihrer Spitze Signa Hohenbory. „Lange Zeit glaubten wir, sie wäre auch die erste Architektin auf der ganzen Welt, aber vor fünf Jahren ist man draufgekommen, dass es in den USA noch früher eine ausgebildete Architektin gab“, schränkt Ritta Norri ein.


[ Tipp: Die Ausstellung Finnland. Architektur im 20. Jahrhundert im Wiener Ringturm ist bis 19. Jänner zu sehen.
Abb: Alvar Alto, Stadthalle Wien, Entwurf 1953, Kaija und Heikki Siren, Brucknerhaus, Linz, 1963-74 ]

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