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Der Standard

propeller z gehören zu den profiliertesten der Neuen Architekten. Eine ihrer Stärken ist das Durchleuchten und Diagnostizieren der architektonischen Anliegen ihrer Klienten.

2. Dezember 2000 - Ute Woltron
Mit propeller z ist es ein bisschen so wie mit ganz besonders gescheiten Ärzten. Irgendwo tut einem was weh. Irgendwas zwickt. Ein Problem muss gelöst werden. Man geht also hin zum Doktor. Die Selbstdiagnose ist selbstverständlich schon gestellt, von ihrer Richtigkeit ist man so tief überzeugt wie der Bundespräsident von seiner Würde, und dann erfährt man, dass man an etwas komplett anderem leidet. Weil schließlich sind nicht wir die Ärzte, sondern die, die das gelernt haben.

propeller z sind Architekten und haben auch was gelernt, und es ist wesentlich erfreulicher, sich mit seinem Anliegen in das Propeller-Büro in der Wiener Mariahilfer Straße zu verfügen, als zu jedem Dr.med. Erstens gibt es dort Zigaretten und einen guten Mokka, zweitens stehen und hängen überall aufregende Architekturteile herum, und dann bekommt man noch dazu fast immer eine Diagnose gestellt, die man nicht erwartet hat.

Die Propellers - es gibt fünf von ihnen - sind von einer ruhigen, freundlichen Überzeugungskraft. Sie pflegen die architektonischen Anliegen ihrer Klienten erst einmal zu röntgen und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu durchleuchten. Meistens kommen sie drauf, dass der Kunde etwas ganz anderes braucht, als er sich einbildet, weil der Architekturpatient selten wirklich weiß, was er eigentlich will.

Diverse Beispiele und Beweise für diese These pflastern den Propeller-Turboarchitektenweg: Das bekannteste davon befindet sich in Deutschland, in Essen um genau zu sein, und lag vor seiner Entstehung weit hinter dem Vorstellungshorizont seines Auftraggebers verborgen. Die RWE AG hatte sich Mitte der 90er Jahre eigentlich ein großes Rausche-fest anlässlich eines Unternehmensjubiläums gewünscht und unter anderen André Heller (vgl. Seite 12) zum Festgestaltungswettbewerb geladen. Der spielte den Ball an propeller z weiter, und die damals superjungen Architekten konnten das Unternehmen erstaunlicherweise davon überzeugen, dass es sinnvoller wäre, den satten Party-Etat in etwas Dauerhafteres wie die Architektur eines extravaganten Ausstellungsgebäudes zu investieren. „Meteorit“ heißt das Haus, und es hat natürlich auch medial ordentlich eingeschlagen, mit seinem fast ganz im Erdboden eingegrabenen Ausstellungskörper, der filigranen Glashalle und dem Aluminiumröhrl, in dem Café und Büros untergebracht sind.

Die damals Superjungen sind heute noch immer nicht alt, sie sind alle zwischen 1964 und 1970 auf die Welt gekommen. In der Gruppe mischen sich diverse Kulturkreise, türkische genau so wie Salzburgerische, Steirische, Wienerische, Tirolerische. Die Mitglieder heißen Korkut Akkalay, Christoph Kaltenbrunner, Kriso Leinfellner, Philipp Tschofen und Carmen Wiederin. Der Name propeller z stammt von der Apple-Computertastenkombination - das gezwirbelte propellerartige Ding gleichzeitig mit der Taste z gedrückt bedeutet „Rückgängig machen“.

Neben dem RWE-Projekte nahmen Propeller Z ihre Architekturordinationsarbeit samt Rückführung auf das Wesentliche auch an anderen Klienten auf. Zum Beispiel wünschte sich die Gemeinde Wolkersdorf ein neues Stadtmöbeloutfit und lud zu einem Wettbewerb. Die Architekten waren der Ansicht, dass die in einer Senke gut vom Außenblick verborgene Siedlung keiner neuen Sitzbänke, sondern vielmehr einer Art Landmark bedürfe. Die einzigen Hochhäuser in Niederösterreichs Flachlanden sind die Kirchtürme und die Silos. Da erstere sakrosankt sind, umhüllten die Planer zweiteren mit einem Baustahlgittermantel, befüllten ihn mit Weinflaschen, in die individuell ansteuerbare Lampen eingesteckt waren. Das Resultat: Ein Leuchtturm für Wolkersdorf, der mit fünf Meter hoher Leuchtschrift Botschaften über bevorstehende Erntedankfeste, Bürgermeistergeburtstage und ähnliches in die Gegend hätte senden können. propeller z gewann diesen Job nicht. Die unangepasste Herangehensweise an die Sache führe überhaupt, so Philipp Tschofen, zu „einer gewissen Häufung an verlorenen Wettbewerben“.

Gewonnen konnte allerdings jener werden, den die Betreiber der Riegersburg zur Gestaltung einer Erlebniswelt samt Neuerschließung des historischen Gemäuers ausschrieben. Auch hier befanden die Architekten, dass die Aufgabe nicht die Lösung sei, weil die spektakuläre Anlage ohnehin für sich spräche. Sie verpassten dem Ausflugsziel einen schrägen Aufzug, bohrten einen Tunnel in den Berg und präsentierten die Riegersburg aus neuen überraschenden Perspektiven. Die Umsetzung des Siegerprojektes bleibt derweilen aus.

Diverse Lokal- und Ordinationsumbauten haben propeller z durchgeführt, immer sehr sauber und immer gleich mit den nötigen grafischen Begleitzuckerln versehen. Die Basis Wien bekam im alten Museumsquartier ein neues Lokal, der GIL-Shop in der Mariahilfer Strasse ein neues Jöppchen. Die Architektursprache der Propellers ist immer eindeutig, und wie sehr sie auf den Raum und seine Individualität eingehen, macht das Beispiel GIL-Shop Nummero Zwei im Steffl-Kaufhaus der Kärntnerstraße klar. Hier hat man versucht, das Konzept des gelungenen Mariahilfer-Erstlings zu übertragen, und es hat eigentlich nicht ganz so gut geklappt, dem Geschäft fehlt das typische Propeller-Flair, etwas ganz Neues wäre hier spannender gewesen.

Sehr eigenwillig gehen die Fünf auch ihre Ausstellungsdesigns an, das grüne Installationspuzzle für die Fast-Forward-Schau im Künstlerhaus sollte allen, die dort waren, gut erinnerlich sein. Neue Projekte sind auch verbucht. Im März wird eine Ausstellung mit Propeller z-Design zum Thema Medien im Künstlerhaus eröffnet, in Wien entstehen demnächst ein Doppelwohnhaus und eine Villa, für Wittmann werden Möbel entworfen, im Auftrag der Stadt städtebauliche Leitbilder gesucht. Mit anderen Worten, der Turbo ist angeworfen.

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