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Klarheit in Rotterdam
Neue Zürcher Zeitung

Der Stadtarchitekt W. N. Rose im NAI

4. Januar 2002 - Hubertus Adam
Die zunehmende Bedeutung des internationalen Seehandels in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte in Rotterdam einen rasanten Bevölkerungszuwachs zur Folge, der in der historischen Stadtstruktur nicht aufgefangen werden konnte. So lebten viele Bewohner unter unzumutbaren Bedingungen im infrastrukturell nicht erschlossenen Polderland ausserhalb der eigentlichen Stadtgrenzen. Mit der Berufung des Militäringenieurs Willem Nicolaas Rose (1801-1877) zum Stadtarchitekten wurde der stagnierenden Stadt Rotterdam 1839 der Weg in die Moderne geebnet. Seine wohl wichtigste Leistung war das «Wasserprojekt», ein ausgedehntes, mit Pumpwerken versehenes Kanalsystem, das es ermöglichte, die Abwässer beschleunigt aus der Stadt zu leiten, und zugleich Überschwemmungen verhinderte. Geschickt verstand es Rose, hygienische Gedanken mit urbanistischen Zielen zu verbinden - die neuen Kanäle dienten zugleich als Achsen der Stadterweiterung, wovon beispielsweise die elegante klassizistische Bebauung am Westersingel noch heute zeugt. Daneben entstanden Pläne für eine Reihe von Stadt- und Hafenerweiterungen: die Strukturierung der Maas-Halbinsel Feijenoord, der rigide gerasterte Coolpolder und die ab 1843 realisierte Bebauung um den Veerhaven am Westrand der Innenstadt. Roses Reputation fand ihren Ausdruck in der Berufung zum Staatsarchitekten (1858). In Formen des Rundbogenstils, den Rose 1840 mit dem Rotterdamer Coolsingelziekenhuis in Holland eingeführt hatte, entstand in Den Haag der Baukomplex aus Kolonialministerium und Oberstem Gerichtshof.

Anlässlich des 200. Geburtstags von Rose dokumentiert nun eine Ausstellung im Niederländischen Architektur-Institut (NAI) in Rotterdam unter dem Titel «Clear & Clean» dessen wichtigste Projekte mit zum Teil unpubliziertem Material. Die fast vollständige Zerstörung Rotterdams 1940 hat den Grossteil seiner Werke vernichtet. Ein wegweisender Architekt und Stadtplaner ist somit wiederzuentdecken. Begleitend ist eine ansprechende Publikation erschienen, die als Stadtführer konzipiert ist und es erlaubt, die - immer noch prägenden - Interventionen von Roses «Wasserprojekt» im Stadtbild zu entdecken.


[Bis 20. Januar. Begleitpublikationen: Hetty E. M. Berens: W. N. Rose 1801-1877. Stedenbouw, civiele techniek en architectuur. NAI Publishers, Rotterdam 2001. 364 S., hfl. 69.50. - The Water Project. A nineteenth-century walk through Rotterdam. NAI Publishers, Rotterdam 2001. 192 S., hfl. 39.50. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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