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Loft-Variationen als Psychogramme
Der Standard

Wie ein Raumkonzept zu einem breiten Spektrum an maßgeschneiderten Ergebnissen führen kann: Die Raumgestaltungen von „Gasarchitektur“ erzählen höchst unterschiedliche „Loftstorys“.

12. Januar 2002 - Franziska Leeb
Eine Aneinanderreihung von Zimmern, deren Ausmaße den in diversen Richtlinien geforderten Standards entsprechen, mag zwar zweckmäßig sein, besondere Raumerlebnisse können aber in diesem Rahmen selten geboten werden. Großzügige Räume dank konzentrierter Anordnung der Infrastruktur kennzeichnen eine Serie von Wohnungsumbauten der Architekten Feria Gharakhanzadeh und Bruno Sandbichler.

Nach der Devise „Raum im Möbel - Möbel als Raum“ werden Nebenräume, Kästen, vertikale Erschließungen, aber auch Schlafzimmer kompakt angeordnet. Dort, wo man sich die meiste Zeit aufhält, wo das Familienleben stattfindet, wo man Gäste empfängt oder seiner Arbeit nachgeht, bleibt ein überdurchschnittlich großes, frei gestaltbares Volumen mit überdurchschnittlichen Raumhöhen erhalten. Das Architektenpaar hat in den vergangenen fünf Jahren an verschiedenen Orten und für unterschiedliche Anforderungen Wohnungen und Ateliers gestaltet, die stets diese Idee der Kombination eines Großraumes mit einer kompakten dienenden Zone verfolgen.

Die Ergebnisse sind dennoch höchst variantenreich, da stets nicht nur die praktischen Anforderungen der jeweiligen Nutzer berücksichtigt wurden, sondern auch deren Lebensstil sich in den Wohnungen wiederspiegelt. Die Wohnung wird damit quasi zu einem Psychogramm ihrer Bewohner. Das erfordert eine enge Kooperation zwischen Bauherren und Architekten, aber auch viel Einfühlungsvermögen der Planer und Gespür für individuelle Eigenheiten.

Im Paula-Hof, einem ehemaligen Geschäfts- und Bürohaus (Architekt Hans Prutscher, 1912) in Wien-Neubau, in dem die beiden unter „Gasarchitektur“ firmierenden Baukünstler ihr Architekturbüro betreiben, lässt sich anhand mehrerer Wohnungsumbauten gut ablesen, wie verschieden sich grundsätzlich ähnliche Konzepte für unterschiedliche Nutzer präsentieren können.

Die Wohnung G. im dritten Stock des Hauses ist durch einen schmalen, lang gestreckten Grundriss gekennzeichnet. Schon der Projekttitel „Ökoloft“ spiegelt die Interessen der Auftraggeberin wider. Dem privaten und beruflichen Engagement in Sachen Ökologie wurde mit Einbauten aus massivem, unbehandeltem Lärchenholz Rechnung getragen. Die Wohnfläche wurde um einen Arbeitsplatz auf einem eingehängten Hochplateau, das nur von einem Holzträger und einer Stahlstange getragen wird, erweitert. Darunter ist die offene Küche untergebracht, die durch die niedrigere Raumhöhe als eigener Bereich erlebt wird. Schlafzimmer und Sanitärräume sind im Raumdrittel hinter der Treppe gebündelt.

Im gleichen Haus, in der Wohnung von Frau Dreher verbergen sich hinter einer Wand aus geölten, gewachsten Lärche-Dreischichtplatten „Secret Chambers“. In einem schmalen Schlitz führt eine Treppe über einen verglasten Aufbau auf eine Dachterrasse. Über das Treppenpodest erfolgt der Zugang zum Kinderzimmer, das als „Raumtasche“ in das Großmöbel eingeschoben wurde. Durch das Öffnen des bestehenden Daches wurde dieser Einbau einer zweiten Raumebene ermöglicht und die an und für sich nicht besonders üppige ursprüngliche Wohnfläche bestmöglich expandiert.

Bei einer weiteren Wohnung sind alle techniklastigen Bereiche wie Bad, WC, Sauna und Küche um einen Lichthof konzentriert. Spiralförmig leiten sie über eine Galerie im das Dach durchdringenden Cockpit, das für ein luftiges Flair sorgt, auf die Dachterrasse. Im Erdgeschoß des Hauses entstand in Kooperation mit dem Stuttgarter Architekten Hans-Jörg Wörle ein Atelier mit angeschlossener Wohneinheit.

Das Thema Großraum und anschließende kompakt organisierte Funktionseinheit wurde hier in einer sehr klaren, grafischen Sprache umgesetzt. Eine Collage harter Oberflächen in Nichtfarben, eine Treppe aus schwarzem, gewachsten Stahl und mit weißer Latexfarbe gestrichene Wände und Beton, werden einem betont urbanen Lebensstil gerecht.

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