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Tingelbahn im Schlosspark
Der Standard

Architekt Roland Rainer missbilligt die Touristenpläne der Schönbrunn-Betreiber

9. Januar 2002 - Ute Woltron
Wien - Die Konzepte der Schönbrunn-Geschäftsführung, den historischen Park in Wien touristisch aufzubereiten, stoßen auf den Unwillen des seit Jahren mit Schönbrunn befassten Architekten Roland Rainer. Er sieht durch eine geplante Touristenkleinbahn durch den Park sowie Zusatzbauten hinter der Gloriette das Ensemble des Weltkulturerbes gefährdet. Rainer erstellte erst im Vorjahr im Auftrag der Schönbrunn-Gesellschaft eine umfassende Studie über Park und Gebäude, jetzt legt er jede Verantwortung als Berater zurück.

STANDARD: Sie wollen nichts mehr mit Schönbrunn zu tun haben?

Roland Rainer: Ich möchte nichts davon, was nun dort geplant ist, in irgendeiner Form mit meinem Namen verbunden sehen, weil ich nicht an der Zerstörung von Schönbrunn mitschuldig sein will.

STANDARD: In welcher Form orten Sie Zerstörung?

Rainer: Geplant sind eine Touristenbahn sowie Bauten im südlichen Bereich der Gloriette, was krass daneben ist. Eine laute, bunte Minibahn ist das Gegenteil dessen, was die Leute in Schönbrunn erwarten. Dort will man spazieren gehen, die Ruhe und die Schönheiten des Raumes genießen. Auch die Gebäude bei der Gloriette wurden meiner Meinung nach lediglich nach dem billigen Motto „Machen wir dort eine Attraktion“ ausgedacht. Besucher hat Schönbrunn tatsächlich von Jahr zu Jahr mehr, wozu errichtet man aus geschäftsfördernden Gründen etwas, das das Weltkulturerbe eigentlich zerstört?

STANDARD: Kunsthistorisch betrachtet ist die Gloriette ein Bauwerk, das sich über seine Silhouette sowie die Durchblicke definiert. Wie verträgt sich das mit Zubauten?

Rainer: Selbstverständlich gar nicht. Zubauten sind ohne Gesamtplan überhaupt nicht vertretbar, und außerdem sollen sie, wie man hört, aus Holz sein, was zum historischen Gebäude sicher gar nicht passt. Die augenscheinliche Konzeptlosigkeit, mit der die Sache angegangen wird, ist ärgerlich. Die Schönheit des Raumes hat Anziehungskraft genug. Schönbrunn ist ein Ort der Ruhe, dessen Eigenart nun mit Allerweltsgeschichten, wie es sie in Freizeitparks weltweit zu Dutzenden gibt, zerstört werden soll. Zu einem Weltkulturerbe gehört nicht nur ein Gebäude oder ein alter Park, sondern auch das, was sich in einem solchen Ensemble abspielt.

STANDARD: Was sagt das Bundesdenkmalamt dazu?

Rainer: Es schweigt. Ich bin von der passiven Haltung der Denkmalpfleger in diesem Bereich überhaupt außerordentlich überrascht.

STANDARD: Die Gemeinde Wien veranstaltet zurzeit eine Reihe von städtebaulichen Wettbewerben, die verschiedene Zonen rund um Schönbrunn betreffen. Sehen Sie hier bereits Verbesserungen zum derzeitigen Zustand?

Rainer: Man sollte diese Dinge strikt voneinander trennen. Innerhalb der Mauer muss man machen, was im Interesse des geschützten Schlosses und des Parks ist, alles Außenliegende ist in der Hauptsache Angelegenheit der Gemeinde Wien.

Doch auch hier bräuchte man einen Schutz, zumindest für die Besucher Schönbrunns, die erst einmal ohne Ampel und Zebrastreifen die A1 überqueren müssen, um überhaupt auf das Schlossareal zu gelangen.

Ich habe detaillierte Pläne und Kostenvoranschläge vorgelegt, was man tun muss, um ohne Überschreitung einer Autobahn zu Fuß zum Schloss zu gelangen. Doch hier herrscht Verkehrschaos, sonst gar nichts. Um etwa 2,18 Millionen EURO (30 Mio. S) könnte alles in Ordnung gebracht werden. Doch anstatt dessen bringt man mit einer Kleinbahn Verkehrslärm in den historischen Park.

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Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

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