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Die „Väter“ des Centre
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Die Architekten Renzo Piano und Richard Rogers: Mit dem Centre haben sie ihren Weltruf begründet.

2. Februar 2002
Der Italiener Renzo Piano und der Brite Richard Rogers stiegen mit ihrem Plan für das Pariser Centre Pompidou in die Weltliga der Architekten auf.

Beide Herren sind heute über 60 Jahre alt und gelten in der Architekturszene als Grand Seigneurs. Seit dem Bau des Centre Pompidou gingen aber beide getrennte (Bau-)Wege.


Renzo Piano - gewagte Coups

Seit den späten 70er Jahren hat sich der 1937 in Genua geborene Piano den Ruf mit gewagten architektonische Coups mit hohem Risikofaktor gemacht: Als Beispiel dafür mag der auf eine Insel vor Osaka gebaute Kansai-Flughafen (1988) gelten. Zu der Anlage gehört unter anderem ein 1.660 Meter langer Terminal, der als das längste Gebäude der Welt gilt.

Im deutschsprachigen Raum machte Piano mit der Gestaltung des Debis-Geländes (Daimler Benz) auf dem Potsdamer Platz in Berlin von sich Reden.


Architektonisches Exempel

Schon mit dem Centre Pompidou, dem Kunst- und Kulturzentrum in Paris, setzte Piano (damals noch zusammen mit dem britischen Kollegen Richard Roger) ein Exempel.

Mit seiner Stahlkonstruktion und seinen offen liegenden Versorgungsrohren, seinen flexiblen Wänden und Decken wirkt der Bau noch heute wie ein „futuristisches Raumschiff“; ein Stück kompromissloser und gewagter Industrieästhetik.


Leichter, offener High-Tech

In der Heimat setzte Piano Maßstäbe etwa durch die Restaurierung der Altstadt von Genua oder die Umwandlung des Turiner Fiat-Werkes Lingotto in ein luftiges Ausstellungszentrum.

Stets wurden seine leichten und offenen Konstruktionen gelobt, seine High-Tech-Versionen kombinierte er souverän mit Vorbildern mediterraner Gewächshäuser. Sein 1981 gegründetes Architektenbüro zählt unterdessen über 100 Mitarbeiter.


Das Centre - ein Modellbau für Rogers

Der mittlerweile zum Lord geadelte Brite Richard Rogers blieb auch nach der Erbauung des Centre Pompidou der Ästhetik der nach außen gestülpten Rohre treu.

Beim Hochhaus für den Versicherungskonzern Lloyd in London praktizierte Rogers alleine, was er davor mit Piano am Centre Pompidou ausprobiert hatte. Der Nebeneffekt war der gleich wie bei der Kulturmaschine in Paris. Die nach außen gelegten Rohre bedurften bald einer teuren Sanierung.


Zwischen Röhren und New Age

„Flexible“ Bauten, die der Kommunikation der Menschen dienen und veränderbar sind, sind ein wiederkehrendes Thema des in Florenz geborenen Halbitalieners. Diese Rationalität bestimmt auch die Entwürfe für das futuristische „New Age“-Gebäude mit Atrium für Lloyds.

Trotz der guter Absichten mögen es nur wenige der Versicherer und Broker, fühlen sich doch die meisten darin wie in einem mehrstöckigen Parkhaus.


Verfeinerte Strukturen

In den letzten Jahren verfeinerte Rogers seine komplexen Assemblagen. Es entstanden Gerichtsgebäude im französischen Bordeaux, wo Rogers Strukturteile in großen Hülsen einkapselte und sie so verbarg.

Der Architekt entwarf auch den geschwungenen doppelköpfigen Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Das Haus schmiegt sich an die Krümmung eines Flußlaufs, denn für Rogers waren stets auch ökologische Gesichtspunkte bedeutend.


Stadtplaner der nützlichen Bürger

Er beteiligte sich an Stadtplanungen großen Maßstabes wie einem vier Quadratkilometer umfassenden Geschäftsviertel in Shanghai. Der Architekt und Visionär mit der Vorstellung einer Gesellschaft voll nützlicher und erfüllter Bürger hilft zudem dabei, heruntergekommene Siedlungen wieder attraktiv zu machen.

Sein Architekturbüro steckt auch hinter einem Prestigeprojekt der britischen Labour-Regierung: dem vom Büro Rogers entworfenen gigantischen Milliardenbauwerk „Millennium Dome“ in Greenwich, London. Bleibt zu hoffen, dass das Büro von Rogers länger bestehen bleibt als das Abbruchwerk „Millennium Dome“.

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