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Superdutch in den USA
Neue Zürcher Zeitung

Rem Koolhaas in Denver und Los Angeles

30. Januar 2002 - Hubertus Adam
Der Siegeszug von Rem Koolhaas und seinem Rotterdamer Büro Office for Metropolitan Architecture in den USA dauert an: Im Herbst eröffneten seine beiden Guggenheim-Dépendancen in Las Vegas, in diesen Tagen wurde in New York der erste von drei Prada Stores fertig gestellt, die Bibliothek von Seattle ist im Bau und soll Ende 2003 eingeweiht werden. Nun hat der niederländische Stararchitekt, Pritzker-Preisträger des vorigen Jahres, Aufträge für zwei weitere kulturelle Projekte erhalten: In Dallas wurde soeben sein Entwurf eines flexiblen und multifunktionellen Theatersaals mit 800 Plätzen für das Dallas Center for the Performing Arts zur Ausführung bestimmt. Mit dem Koolhaas-Projekt und dem grösseren Lyric Theatre, das 2400 Plätze fasst und bei Norman Foster in Auftrag gegeben wurde, soll - so erhoffen sich die Auftraggeber - das Kulturzentrum zum Herzen von Dallas werden.

Spektakulärer aber noch ist das Projekt für das Los Angeles County Museum of Art am Wilshire Boulevard. Hier konnte sich Koolhaas gegen Steven Holl, Daniel Libeskind, Thom Maynes (Morphosis) und schliesslich auch gegen Jean Nouvel durchsetzen. Während sich die Konkurrenten streng an die Auflage hielten, die im Kern aus einem von William Pereira entworfenen Baukomplex aus dem Jahr 1965 bestehende Gebäudesubstanz lediglich zu erneuern und durch Erweiterungen zu ergänzen, setzt das Konzept des Niederländers den Abriss fast des gesamten Baubestands voraus. Erhalten bleiben lediglich der organische Japan-Pavillon, ein postum vollendetes Werk von Bruce Goff, und ein Teil der in der Kellerebene befindlichen Büros. Sämtliche Museumsräume werden in einem mehrgeschossigen Riegel angeordnet, den Koolhaas als «enzyklopädisches Plateau» versteht: Grundsätzlich flexibel unterteilbar, gliedert er sich in eine Reihe von bandartigen Saalfolgen. Unter dem aufgeständerten Gebäude befindet sich auf Erdgeschossebene eine als «Miesian Court» apostrophierte Freifläche. Überfangen wird das Volumen von einer das Stadtbild prägenden, organisch geformten und transluzenten Dachhülle, mit deren Hilfe sich der Lichteinfall regulieren lässt und die zum kleinen, an eine der Stirnseite anstossenden Goff-Pavillon vermittelt.

Dass die Kosten für den Koolhaas-Bau mit 187 Millionen Dollar deutlich niedriger liegen als für Nouvels 230 Millionen Dollar teuren Umbau, dürfte die Entscheidung erleichtert haben. In kulturellen Kreisen der kalifornischen Metropole wurde das Votum mit Begeisterung aufgenommen. Die «Los Angeles Times» sieht die Stadt nach dem Getty Center von Richard Meier und der Disney Hall von Frank O. Gehry am Beginn einer neuen Architekturblüte: «In Koolhaas' hands, that sense of cultural awakening finally reaches its full maturity.»

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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