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Mies in Mannheim
Neue Zürcher Zeitung

Eine Ausstellung in Dessau

5. Februar 2002 - Jürgen Tietz
Ludwig Mies van der Rohe, der 1938 nach Amerika emigriert war, musste nach 1945 mehrere Anläufe unternehmen, ehe es ihm mit der Neuen Nationalgalerie in Berlin gelang, noch einmal in Deutschland zu bauen. So wurde Mies bereits 1953 - zusammen mit fünf weiteren Architekten - eingeladen, sich an einem Wettbewerb für das neue Theater im kriegszerstörten Mannheim zu beteiligen. Sein Entwurf sah einen «Haut-und-Knochen-Bau» vor, eine gläserne Megastruktur, die über ein aussen liegendes Traggerüst aus Stahl verfügte. Ein zentrales Thema in Mies' Arbeit, dass ihn seit dem Entwurf für das Cantor-Drive-in-Restaurant in Indianapolis beschäftigte. Doch Mies' Raumvision wurde nicht verwirklicht. Stattdessen entschied man sich dafür, den Beitrag des erst in einer zweiten Wettbewerbsrunde hinzugezogenen Gerhard Weber zu realisieren.

Eine von Thilo Hilpert erarbeitete Ausstellung in den Meisterhäusern Kandinsky-Klee in Dessau dokumentiert jetzt die Mannheimer Wettbewerbsgeschichte und bettet sie in die Architekturdiskussion im Nachkriegsdeutschland ein, die durch die Bauhaus-Kritik von Rudolf Schwarz entscheidend mitgeprägt wurde. Die kleine Ausstellung zeigt neben den Wettbewerbsbeiträgen, darunter Arbeiten von Schwarz und Hans Scharoun, als Glanzstück das originale Architekturmodell, das Mies in den USA anfertigen liess, sowie die Kiste, mit der es nach Deutschland transportiert wurde. Die etwas zu knapp geratenen Erläuterungen in der Ausstellung werden durch einen lesenswerten Katalog ergänzt.


[ Bis 31. März im Meisterhaus Kandinsky-Klee in Dessau. Katalog: Mies van der Rohe im Nachkriegsdeutschland. Das Theaterprojekt Mannheim 1953. Hrsg. Theo Hilpert. Seemann- Verlag, Leipzig 2001. 304 S., Euro 29.-. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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