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Der unbekannte Loos
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„Es ist schade, dass er in Wien so wenig gebaut und dass er keine größeren Aufträge bekommen hat. Dann hätte man wahrscheinlich seine Qualitäten entdecken können“, so Friedrich Achleitner.

1. März 2002 - Nadia Rapp-Wimberger
Adolf Loos ist einer der berühmtesten Architekten Österreichs. Sein Namenskollege Walter Loos - die beiden sind nicht verwandt - ist dagegen nahezu unbekannt. In den kurzen Jahren zwischen Studienabschluss (1927) und seiner Emigration (1938) baute er Wochenend- und Wohnhäuser in Wien, Niederösterreich und Würzburg.

Für die „Werkbundsiedlung“ im 13. Wiener Gemeindebezirk entwarf Loos zwei Häuser, eines davon richtete er auch ein. Das 1934 errichtete Domizil für den Komponisten Alexander von Zemlinsky erhielt einen Preis der Mailänder Biennale. Projekte wie ein Haus für Alban Berg oder die Umgestaltung des Pratergeländes blieben jedoch unrealisiert.

1938 lehnte er aus politischen Gründen die Leitung des Wiener Stadtplanungsamtes ab - sie war ihm vom nationalsozialistischen Bürgermeister Hermann Neubacher, einem Studienkollegen und ehemaligen Werkbundvorsitzenden, angeboten worden.

In seiner neuen Heimat Argentinien baute Walter Loos nur noch wenig, meist Ferienhäuser. Das österreichische Architekturdiplom wurde nicht anerkannt, er benötigte daher die Unterschrift zugelassener Architekten. Der Schwerpunkt seiner Tätigkeit lag nun im Möbeldesign und in der Ausstattung von Wohnungen und Geschäftslokalen.

Anlässlich der Ausstellung „Fragment Fridl Loos“ hat Nadia Rapp-Wimberger mit dem Architektur-Kritiker Friedrich Achleitner ein Gespräch geführt.

kultur.ORF.at:
Wie schätzen Sie den Architekten Walter Loos ein?

Friedrich Achleitner:
Ich würde ihn zu dieser kleinen Gruppe von Wiener Avantgardisten zählen, die über Österreich hinausgeschaut haben. Er war in der Gruppe von Plischke und jenen Architekten, die bei der Werkbundsiedlung mitgebaut haben.

kultur.ORF.at:
Daneben hat er einige Wohnhäuser, meist Terrassenhäuser, gebaut. Das waren immer sehr kleine, kompakte Lösungen. Steht dahinter der Wunsch, aus möglichst wenig Raum möglichst viel Wohnkomfort zu schaffen?

Friedrich Achleitner:
Nein, ich glaube, das ist zeitbedingt. Man hat damals mit sehr wenig Geld, also billig gebaut. Das waren Kleinaufträge, die diese Architekten bekamen. Natürlich war es dann auch ein architektonisches Thema: mit dem Schlagwort „Bauen für das Existenzminimum.“

kultur.ORF.at:
Dass Loos auch rückwirkend nicht rezipiert wurde, wie doch viele andere, die in die USA emigrierten, liegt das daran, dass er in Südamerika lebte?

Friedrich Achleitner:
Er hat sich dann ja hauptsächlich mit Design und Einrichtung beschäftigt. Und das ist natürlich ein Gebiet, wo man nicht so schnell berühmt wird, wie wenn man Wolkenkratzer baut.

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