Bauwerk

Österreichisches Kulturinstitut
Raimund Abraham - New York (USA) - 2002
Österreichisches Kulturinstitut, Foto: David Plakke
Österreichisches Kulturinstitut, Foto: David Plakke

Ein Korsett mit fatalen Folgen

Das Kulturforum in New York wird erheblich mehr gekostet haben als ursprünglich angenommen. Die Verwunderung darüber verwundert aber: Dass das Gebäude von Raimund Abraham mit seiner auffälligen Fassade nicht billig kommen würde, war bekannt.

17. August 2002 - Thomas Trenkler
Wien - Bereits 1992, als das Außenministerium den Architekturwettbewerb auslobte, muss klar gewesen sein, dass der Neubau des Kulturforums in New York eine kostspielige Angelegenheit werden würde. Denn die Bebauungsvorschriften auf Manhattan lassen keinen großen Spielraum zu: Hofseitig haben die Geschoße über dem Parterre sechs Meter zurückzuspringen, straßenseitig darf das Gebäude längs der Häuserzeile maximal 27,5 Meter hoch sein. Darüber muss die Fassade gestaffelt oder schräg zu einer Profillinie folgen. Was bedeutet, dass die Nutzfläche pro Geschoß nach oben hin immer mehr abnimmt.

Bei einer Grundstücksbreite von nur 7,6 Metern und einer Tiefe von 25 Metern hat dieses Korsett fatale Folgen. Weil die Infrastruktur - Treppenhäuser, Liftanlagen, Leitungen, Rohre - nach oben hin einen permanent steigenden Prozentsatz der Fläche frisst. Daher ist der Gebäudehöhe neben den Vorschriften (die Profillinie und jene der Rückseite laufen aufeinander zu) noch ein zweites Limit gesetzt: durch die Wirtschaftlichkeit.

Dieser wurde damals aber keine Beachtung geschenkt: Fast alle 226 Wettbewerbsteilnehmer schlugen einen Turm vor. Und keinen kompakten Block. Einerseits, weil sie sonst nicht alle Vorgaben des Außenministeriums hätten erfüllen können. Und andererseits, weil die Situation in der 52. Straße nahe der Fifth Avenue ein starkes architektonisches Zeichen verlangte. Und ein solches ist das Gebäude von Raimund Abraham.

Dieses durchaus reizvolle Missverhältnis von Gebäudehöhe zur -breite verlangte zudem eine Errichtung mit Stahlbeton. Die ortsübliche Stahlbauweise hätte nämlich unzählige Querverstrebungen benötigt, um die Stabilität des Turms zu gewährleisten, der auch als Solitär wie ein Fels in der Brandung stehen muss.

Das geriet in der Tat teuer. Noch dazu, weil erst das dritte Bauunternehmen in der Lage war, die Qualitätsnormen zu erfüllen. Dadurch kam es zu Verzögerungen. Und die Firma Manhattan Concrete, der die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) in der Not den Auftrag entzog, klagte eine Entschädigung von 1,33 Millionen Dollar ein. Von einem Schiedsgericht wurden ihr zwar nur 517.000 zugesprochen, dennoch stiegen die Baukosten erheblich an.


„Ungelöste Probleme“

Und nicht nur deshalb. Das Außenministerium bestätigte nun, von der BIG die vorläufige Endabrechnung erhalten zu haben. In dieser werden penibel die Gründe aufgelistet, warum die Kosten von 23,31 Millionen Dollar, so das ursprüngliche Angebot, um 37,4 Prozent auf 31,02 Millionen explodierten: Rund 5,5 Millionen der Mehrkosten gingen zulasten des Außenministeriums und des Architekten.

Die von Abraham angeordneten Änderungen seien „großteils aufgrund der im Zuge der Detailplanung zutage tretenden und bis dahin ungelösten Probleme“ und „in der Planung nicht beachteten behördlichen Vorschriften“ notwendig geworden. Sie betrafen so gut wie alle Bereiche: von der Balustrade bis zu den Aufzügen, von der Fassade bis zum Wassertank, von der Lobby bis zur Sprinkler- und Fensterreinigungsanlage.


Viele Sonderwünsche

Zu diesen „chance orders“ und den damit verbundenen Verzögerungen kamen Sonderwünsche des Außenamts im Wert von 1,82 Millionen - bezüglich des Theaters und des Computerraums, der Sicherheitstechnik und des Penthouses für den Direktor Christoph Thun-Hohenstein.

Der heikelste Punkt betrifft Abrahams Honorar. Denn der Architekt pocht auf den Satz von elf Prozent der Bausumme. Und das wären 3,29 Millionen Dollar. Der Prozentsatz geht an und für sich in Ordnung: Er liegt, wie das Außenamt mitteilt, unter der Richtgröße von zwölf bis 14 Prozent. Zudem sei der Vertrag in Absprache mit der Finanzprokuratur sowie dem Wirtschaftsministerium abgeschlossen worden. Und er sähe „einen Degressionsabzug bei genehmigten Kostensteigerungen vor“. Was zwar logisch ist, Abraham aber bisher nicht wahrhaben wollte: Er fordert zu den 2,54 Millionen, die er erhielt, weitere 750.000 Dollar. Der Fairness halber sei aber erwähnt: Als Generalplaner musste Abraham, der auch die wenig praktikable Inneneinrichtung entwarf (wofür er gesondert bezahlt wurde), mit dem Honorar auch seine gesamte Mannschaft bezahlen.

Weder die BIG noch das Ministerium sollen aber gewillt sein, seine Forderungen zu erfüllen. Bezüglich der weiteren Faktoren stellt sich die Frage nach der Verantwortung. Die BIG will wiederholt auf die Kostensteigerungen hingewiesen haben. Und im Ministerium schweigt man, bis die Abrechnung geprüft ist. Klar ist aber: Die monatlichen Rückzahlungen werden steigen. Oder dauern länger.

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