Bauwerk

BG und BRG Wiedner Gürtel
Szyszkowitz · Kowalski - Wien (A) - 2004
BG und BRG Wiedner Gürtel, Foto: Manfred Seidl
BG und BRG Wiedner Gürtel, Foto: Manfred Seidl
11. November 2005 - Az W
Das historische Gebäude der Schule wurde 1910 von Paul Hoppe als zusammenhängendes Hofensemble für den Wiener Frauenerwerbsverein errichtet. Es bestand aus vier umlaufend zusammenhängenden Trakten, war also ein geschlossenes Quartier mit Innenhof. Ein schmaler Vorgarten mit inzwischen ausgewachsenem Baumbestand umgab das Ensemble bis zu den jeweiligen Bürgersteigen hin. Drei Seiten des Quartiers hatten vier Geschosse, eine in dieser Gegend übliche Bebauungshöhe, der Nordtrakt aber bestand aus einem eingeschossigen, aber relativ hohen Gebäude für die Turnhalle und einem offenen, darüber liegenden Wandelgang. Dieser Gang wurde durch eine feingliedrige Stahlkonstruktion überdacht. Trotz der Kriegsschäden zeigten die drei höheren Gebäude noch viele intakte Gestaltungselemente aus der Zeit der Errichtung, das heißt, die Böden, Wände, Decken und Fenster oder auch die Stuckaturen in den Gängen und vor allem die Stiegenanlagen waren vorhanden und konnten saniert und restauriert werden. Große Bereiche der Fassade hatten sehr gelitten, und von komplizierter Ornamentik war so gut wie nichts mehr erhalten. Der niedere Nordtrakt war stark in Mitleidenschaft gezogen, vor allem auch wegen unsensibler Umbauten in den 60er Jahre.

Mit den Restaurierungs- und Modernisierungsarbeiten, vor allem aber auch mit den eingefügten Neubauten wurde nun einerseits versucht, die Kraft der historischen Gesamtidee zu bewahren, und andererseits neue architektonische Gestaltungen aussagekräftig im Kontext zu entwickeln. Die Adaption des Bestandes auf heutige Bedürfnisse hin betraf vor allem funktionale und organisatorische Neuordnungen, materialmäßige Verbesserungen und raumwirksame Neugestaltungen. Die seinerzeit mit Ornamentik versehene Südfassade wurde originalgetreu rekonstruiert. Der gänzlich neu erstellte Nordtrakt wurde gestalterisch im Sinne eines angestrebten Dialoges von Historie und Neubau konzipiert. Dieser neue Nordtrakt gibt in seiner architektonischen Gestaltung Mitteilung über die neuen Inhalte, zeigt strukturell angeordnete, gemauerte Pfeiler und feingliedrige Stahlelemente, deren Rhythmik und Konstruktion in Ferne eine Verwandtschaft mit dem Bau von 1910 aufweist und als Gegenüber zu den restaurierten historischen Teile zu verstehen ist. Er ist zudem farblich (Siena-Töne in den größeren Flächen und schwarze Stahlkonstruktionen) in ein gewisses Gegenspiel zur hellgrauen Originalfarbe des Altbaues – gebracht. Im Untergeschoss wurde eine dem jetzigen Standart entsprechende Turnhalle untergebracht, darüber größere Säle für Arbeiten im naturwissenschaftlichen Bereich und in künstlerischen Fächern, und unter dem historischen Innenhof eine zweite, mit der ersten verbundene Turnhalle. Die Turnhallen haben geschwungene Decken und eine tageslichtähnliche Atmosphäre in den Farben helltürkisgrün und gelb.
Der Hof behält die vorgegebene Funktion als Pausenfläche.

Der nun wiedergewonnene, durch den Bau der darunter liegenden neuen Turnhalle etwas angehobene Innenhof erfährt besonderes Augenmerk. Die weißen Linien des hellgrauen Bodenbelages beziehen sich auf Ausgänge des südlichen Eingangstraktes und denen des Nordtraktes, und verknüpfen dadurch die verschiedenen Seiten des Ensembles in formal-funktioneller Hinsicht. Darüber hinaus ordnen sie aber auch eine Reihe von feinblättrigen, lichten Bäumen mit angelagerten Sitzgelegenheiten in ein verbindendes Konzept, sodass mit einer höchst angenehmen Atmosphäre im Innenhof gerechnet werden kann. (Text: Architekten)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

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