Bauwerk

Onkel Freds Hütte
HERTL.ARCHITEKTEN - Steyr (A) - 2005

In einer Kleingartensiedlung am Rande von Steyr plante Architekt Gernot Hertl seinem Onkel Fred ein kleines Passivhaus. Hier findet der Segler und Weltreisende auf engstem Raum alles, was es braucht, um auch in der Heimat jederzeit vor Anker gehen zu können.

31. März 2007 - Isabella Marboe
Onkel Fred ist ein Wanderer zwischen den Welten. Beruflich pendelt er zwischen Asien und Europa, privat segelt er leidenschaftlich gern übers Meer. Am wohlsten fühlt er sich in Bootskajüten und in japanischen Hotels, die auf engstem Raum alles Nötige bieten. „Onkel Fred lebt am liebsten in kleinen, gut geplanten Zimmern“, sagt Architekt Gernot Hertl. Er muss es wissen, denn er ist sein Neffe.

Onkel Fred ist Geschäftsmann, kalkuliert scharf, denkt praktisch und liebt den Überblick. Oft macht er in Steyr Station. Doch Hotel und Mietwohnung waren ihm auf Dauer zu teuer, seine Sehnsucht nach Garten konnten sie auch nicht stillen. Weit günstiger und besser schien ihm da ein kleines Passivhaus im Grünen, das in seiner Anwesenheit nur minimale, in seiner Abwesenheit jedoch gar keine Betriebskosten verursachte. Frei von überflüssigem Ballast wollte er auf Heimaterde in perfekt organisierten Räumen vor Anker gehen. Der bauherrliche Anspruch unterbot gängige Wohnstandards, auf einem Pachtgrund im Kleingarten ließ er sich erfüllen.

Fein säuberlich reihen sich gleich große Parzellen an die Straße. Auf jeder steht ein Häuschen, meist aus Holz, immer maximal 35 Quadratmeter groß, kein First über 4,25 Meter Höhe. Mehr erlaubt die Vereinsordnung nicht. Onkel Fred war's recht, Gernot Hertl kam jedoch ordentlich ins Tüfteln: „Bei so einem kleinen Haus ist der Passivhausstandard katastrophal. Das Verhältnis von Nutzfläche zu Außenhülle ist sehr ungünstig, die extreme Dämmstärke schränkt ein.“ Mit 37 Zentimeter Stärke blieb die Wand im Rahmen. Raffiniert hoch und quer geschraubte Fichtenlatten verleihen ihr einen dezenten silbergrauen Schimmer.

Japan im Kleingarten

Onkel Freds Hütte ist eine veredelte Kreuzung aus japanischer Lebensart und heimischer Bautradition. Das sattelbedachte Haus steht in einer Dichtbetonwanne, die sich in die Gartenerde senkt und dem Wohnraum im Süden einen exklusiven Vorhof schenkt. Dieser Kunstgriff ermöglicht es, unterm First zwei Ebenen unterschiedlicher Atmosphäre zu kreieren, weder Regenrinne noch Vordach stören den Archetypus Haus. Unter der breiten Holzfront, die schattig übers Sonnenfenster ragt, ruht Onkel Fred unter der leichten Dachschräge. Drei breite Stufen führen aufs Schlafpodest mit Schrankwand, unter einem zarten Oberlichtschlitz ist sogar noch eine Wanne integriert. „Das obere Geschoß ist extrem introvertiert, das untere dafür sehr weit. Der kleine Raum braucht das kontrastreiche Raumempfinden“, sagt Gernot Hertl, es sei spannend, jeden Quadratzentimeter zu nutzen.

Zwei Miniatur-Freitreppen schaffen der Tür im Osten einen abgesenkten Vorplatz. Das Treppenmöbel dahinter, in dem Kühlschrank, Weinregal und erstaunliches Staupotenzial steckt, ist gleichzeitig Raumteiler für die Hüttenkombüse. Für Wärmetauscher und kontrollierte Wohnraumlüftung, die Maximalkomfort zu minimalen Kosten bieten, reicht eine kleine Nische. Aus der Dusche erspäht man die Couch auf dem Bambusboden im Wohnraum. Auffällig ist das eingelassene Bodenmaß der japanischen Tatami- matten, die erst im Hof enden. Wenn Onkel Fred am Holztisch tafelt, sitzt er gleichsam im Garten. Ein japanisches Detail am Rande: eine schwarz lackierte Bestecklade in der Tischplatte. „Es ist ideal. Ich kann sogar meinen eigenen Schnittlauch ansetzen.“

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