Bauwerk

Dachausbau
silberpfeil-architekten - Wien (A) - 2004

Luxus-Mansarden für die Grossstadt

Aus dem Mansard-Geschoss eines historischen Wiener Stadtblocks sind exklusive Appartements entstanden. An der äusseren Form der alten Mansard-Dächer wurde kaum etwas geändert – die Konstruktion ist allerdings ein leichtes, lichtdurchflutetes Stahlgehäuse, ausgestattet mit edelsten Materialien und Klimatechnik.

9. Juni 2008 - Evelyn C. Frisch
Es ist eine der besten Adressen für gehobene Wohnansprüche im historischen Zentrum von Wien. Kein Wunder, hat die Bauherrschaft das Projekt durch einen europäisch ausgeschriebenen Projektwettbewerb ausgelobt. Der 5-geschossige Gebäudeblock von 1860 wird durch vorspringende Mittel- und Eckrisalite gegliedert. Da einige der ursprünglichen Dachaufbauten im 2. Weltkrieg zerstört und nach dem Krieg durch unsensible Ergänzungen mehr schlecht als recht «repariert» worden waren, wurde eine Komplettsanierung des Dachgeschosses mit einer Nutzungsänderung zu Wohnzwecken ins Auge gefasst. Im Sinne des Denkmalschutzes sollte der historische Umriss des Gebäudes als Gestaltungsmaxime dienen.

In Anlehnung an die ursprüngliche Form des Gebäudes projektierten die Architekten insgesamt 12 exklusive Wohnungen, die man für sich genommen als Stadt-Villen bezeichnen könnte. Die neuen Wohnungen werden über drei neue, vor den Altbau positionierte Lifttürme erschlossen. Die bestehenden Treppenhäuser dienen lediglich als Fluchtwege im Brandfall. Von den Aufzügen aus erreicht man die Wohnungen durch fingerartig ausgebuchtete Erschliessungsflure. Die organischen Gehwege sollen die Flexibilität für zukünftige Entwicklungen garantieren und gleichzeitig Identifikation und Nachbarschaft fördern.

Die bis zu 420 m² grossen Maisonetten mit Terrasse, Einliegerwohnung, zwei Bade- wie Schlafzimmer bieten einen atemberaubenden Ausblick auf den Wiener Ring. Der Benutzer navigiert in einem Raumkonstrukt, dessen enorme Technikausstattung in den Innenräumen nicht wahrzunehmen ist. Jede Wohnung verfügt über einen eigenen 6 m² grossen Haustechnikraum. Alle Leitungen sind in 50 bis 100 cm hohen Doppelböden untergebracht. Die räumliche Exklusivität bezieht sich auch auf die Materialwahl im Innenausbau, welche gemäss den Vorstellungen der jeweiligen Eigentümer offen stand. Auch die Transparenz der Fassade und der Zwischenwände wurde durch die Wahl von geschlossenen, transparenten oder offenen Elementen den individuellen Vorlieben der Hausherrschaften angepasst.

Leichte Tragstruktur auf alten Mauern Um Fundamentverstärkungen in den Untergeschossen zu vermeiden, sollte eine gleichmässige Lastabtragung entsprechend den darunter liegenden Geschossen erreicht und das Gewicht der Konstruktion optimal an die entsprechenden Bestandsverhältnisse angepasst werden. Die gesamte Dachform verläuft auf die Gebäudetiefe als durchgehende Kurve mit unterschiedlichen Radien. Die Primärstruktur wurde dabei durch Stahlträger mit einem Achsabstand von 4-6 Metern gelegt. Die Lastabtragung erfolgt über die Aussen- und Mittelmauer, wodurch die Lastzunahme auf das bestehende Objekt gleichmässig verteilt werden konnte.Die Zugkräfte in den Hauptrahmen werden durch Zugbänder in der Fussbodenkonstruktion aufgefangen. Die Längsaussteifung erfolgt über die Flächenwirkung der Galerieebenen und der nordseitigen Dachebene. Die Primärkonstruktion besteht demnach aus geschweissten, paraboloid gekrümmten Stahlbögen in einem Abstand von etwa 15 Metern. In jedem vierten Feld wird die Konstruktion durch Diagonalstäbe zur Aufnahme von Längs- und Querkräften ausgesteift.

Die Sekundärkonstruktion besteht aus Elementdecken aus Stahlbeton und aus hochgedämmten Holzleichtbauelementen im Dachbereich. Die Betondecken wurden aus bauphysikalischen Erwägungen eingebaut. Durch die Wahl einer Stahlkonstruktion war die Flexibilität während der gesamten Planungs- und Bauphase gewährleistet, so dass auch kurzfristige Umplanungen möglich waren. Diese Flexibilität zahlt sich auch bei zukünftigen Umnutzungen oder Anpassungen aus.

Zur Strasse hin wurde die bauchige Dachhaut mit grau vorbewitterten Zinkblechen eingedeckt. Die flächenbündigen Verglasungen sind mittels darüber liegenden Aluminiumlamellen beschattet. Zur Hofseite öffnen sich Terrasseneinschnitte, die ebenfalls durch Sonnenschutzlamellen in Form gehalten sind. Im Scheitelpunkt der Bögen und im Bereich der Galeriedecken wurde die Lamellenverteilung dichter gewählt, während die Abstände auf Augenhöhe grösser sind. Da der Verglasungsanteil von 70 Prozent eine hohe Erwärmung im Sommer erwarten lässt, wurde eine stille Kühlung mittels Klimaplatten an den Decken und im Schrägdachbereich installiert. Man kann nachvollziehen, dass das Berühren gekühlter Wandflächen im heissen Wiener Sommer ein durchaus angenehmes Gefühl sein muss. Ziel der Planer war es, bei einer Aussentemperatur von 34 Grad im Innenbereich maximal 26 Grad spürbar zu machen, deswegen gibt es zusätzlich noch Heiz-Kühl-Estriche, kontrollierte Wohnraumlüftung und klassische Umluft-Quellluft-Fancoils.

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Für den Beitrag verantwortlich: Steeldoc

Ansprechpartner:in für diese Seite: Evelyn C. Frischinfo[at]szs.ch

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