Bauwerk

Juppenwerkstatt
Gerhard Gruber - Riefensberg (A) - 2003
Juppenwerkstatt, Foto: Nikolaus Walter
Juppenwerkstatt, Foto: Gerhard Gruber
22. Juli 2005 - Az W
Macht man sich Gedanken über die Rolle der Regionen innerhalb unserer immer globaler werdenden Gesellschaft, lässt sich zumindest eines gesichert feststellen: Die Vielfalt der regionalen Kulturen ist einerseits unser größtes Potential für zukünftige Entwicklungen, andererseits werden regionale Kulturen nur dann vital bleiben, wenn sie bereit sind einen Austausch mit fremden Einflüssen einzugehen. Der Bregenzerwald könnte ein Beispiel dafür sein, wie diese Gratwanderung zwischen Bewahren und Erneuern gelingt. Räumlich deutlich abgegrenzt und mit bedeutenden regionalen Eigenheiten ausgestattet, ist man hier oft bereit sich auf Neues einzulassen oder dieses Neue selbst mit zu gestalten.

Bei der Adaptierung der Juppenwerkstatt in Riefensberg steht die Bewahrung der überlieferten Bregenzerwälder Frauentracht, der Juppe, auf der einen, die Umsetzung der räumlichen Hülle im Sinne einer möglichst unvoreingenommenen Architekturhaltung auf der anderen Seite. Nachdem die letzte Trachtenfärberei 2001 aufgelassen wurde, konnten die nunmehr ungenutzten Maschinen und Gerätschaften übernommen werden und nach einiger Suche der Wirtschaftsteil des alten Gasthofs „Krone“ in Riefensberg als zukünftiger Standort gefunden werden. Die Färberei sollte die für die Juppe notwendigen Stoffe liefern und Besuchern einen Einblick in den Herstellungsprozess ermöglichen. Zusätzlich dazu entwickelte sich während der Planungszeit ein umfassendes Museumskonzept mit Ausstellungsflächen und einem Raum für Trachtennähkurse.

Im Untergeschoss des Gebäudes befindet sich die Färberei. Der ursprünglichen Raumaufteilung Rinderstall, Pferdestall und Heustock folgend sind hier die drei wesentlichen Arbeitsbereiche Appreturküche, Glästraum und Fältelraum untergebracht. Für den Umbau wurden die alten Raumkonturen nicht verändert, lediglich einige Öffnungen wurden versetzt oder neu geschnitten. Der ca. 10 m hohe Luftraum beim alten Heustock konnte ebenfalls erhalten bleiben, der neue Nähraum ankert freischwebend darin. Das Obergeschoss, ehemalige Tenne, blieb zum Teil Nebenraumfläche für den Wohnteil des Hofes, zum anderen wurde hier Platz für Ausstellungen oder Veranstaltungen geschaffen. Um die neuen Arbeitsbereiche innerhalb der bestehenden, fast völlig geschlossenen Gebäudehülle mit dem notwendigen natürlichen Licht zu versorgen, wurde ein radikaler aber zielführender Weg gewählt. Die Holzschindelfassade an der Rückseite (Norden) des Gebäudes wurde zur Gänze durch eine Fassade aus großflächigen Glasschindeln ersetzt. Der Charakter der alten fensterlosen Fassade konnte, bei größtmöglichem Lichteinfall für den Innenraum, erhalten bleiben.

Das wichtigste Baumaterial neben den großen Glasflächen ist Tannenholz, meist sägerauh und immer ungehobelt. Wie kein anderer Baustoff vereint es die Tugenden von Tradition und Modernität, vermehrt um die Qualität der Nachhaltigkeit. Wieweit die Architektur dazu beitragen kann, einer Musealisierung der wertvollen Bregenzerwälder Tracht entgegenzuwirken, und wieweit sie Anregung sein kann, den spannenden Dialog zwischen Tradition und Fortschritt in Gang zu setzen, bleibt die interessanteste Frage für den Architekten. (Text: Architekt)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at

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