Bauwerk

Heiligengeistplatz
Gasparin & Meier - Klagenfurt (A) - 1995

Mehr als nur künstlerische Brunnen

Die Kärntner Landeshauptstadt zeigt am Heiligengeistplatz, was Platzmöblierung sein kann

8. Mai 1999 - Gerd Zehetner
Der Heiligengeistplatz in Klagenfurt der Architekten Sonja Gasparin und Beny Meier zeigt moderne Stadtmöblierung, die als Vorbilder beziehungsweise sogar Prototypen für den öffentlichen Raum in ganz Österreich herhalten könnten. Obwohl am Anfang umstritten, erfreut der Platz nun seit 1995 nachhaltig die Stadtbewohner.

Ähnlich wie der Platz von Eichinger & Knechtl in Wiener Neustadt war es Ziel, zuerst leerzuräumen, um eine große Fläche zu schaffen, die dann mit feinfühligen Eingriffen zoniert wurde. Diese Zonen funktionieren, ohne sich wichtig in den Vordergrund zu drängen.

Die zweite Parallele zeigt die Wandlungsfähigkeit Tag - Nacht. Die eigens entwickelten Solarleuchten bilden einen stählernen Wald als dreidimensonale Erweiterung der Fläche, bei Nacht erzeugen sie ein Licht, das mehr ist als ein Versuch zur Orientierung und Tagesverlängerung.

Ein Element, das an dieser Stelle der Stadt integriert werden mußte, kann mittlerweile als glücklicher verkehrsplanerischer Anstoß betrachtet werden: Die Haltestellen der zahlreichen Buslinien brauchen mit ihren dynamischen Verkehrsinseln zwar viel wertvollen Stadtplatz, doch sonst wären die schmucken Wartehäuschen vielleicht nie entstanden.

Höhepunkte

Höhepunkt und gleichzeitig die Visitkarte einer jeden Stadt ist die öffentliche Sanitäranlage. Ein gläserner Kubus schiebt sich schräg durch die Pflasterebene, im Inneren bringt die Stahlwendeltreppe den Eiligen eine Ebene tiefer, gefolgt von direktem Tageslicht. Die Toiletten selbst würden jedem Szenelokal zur Ehre gereichen, hoffentlich sehen auch handgreiflichere Typen die derart erhaltenswerte Qualität dieses speziellen Ortes. Die restlichen Einrichtungen des Platzes stehen dem um nichts nach: Ein transparenter Zylinder trägt in Leuchtbuchstaben das Wort Heiligengeistplatz, eine selbstbewußte und moderne Geste.

Der Kiosk, Gepäckaufbewahrungsfächer (!) und Sitzbänke sind weitere Elemente, die in ihrer einfachen und unprätenziösen Art selten im Stadtraum zu finden sind. Die Kunst des Maßstabs wird in der Flächengestaltung nicht jedem sofort bewußt, ganz im Sinne der Zurückhaltung: Das in traditioneller Weise verlegte Granitstöcklpflaster liegt in scharf geschnittenen großen quadratischen Feldern, die mit den Kanaldeckeln und Beleuchtungskörpern eine Rasterung eingehen.

Es bleibt zu hoffen, daß die Beispiele Wiener Neustadt und Klagenfurt auch andere Städte anregen, unter Stadtmöblierung mehr als von Künstlerhand gestaltete Brunnen zu verstehen.

BELAG ist nicht gleich Belag, und Betonsteine unterscheiden sich wesentlich von Asphalt: Die ökologischen, technischen und ästhetischen Vorzüge von Pflastersteinen aus Beton diskutierten Mitte April die ARGE Flächengestaltung mit etwa 200 Architekten, Umweltexperten und Behördenvertretern anläßlich eines Symposiums zum Thema „Ballungsräume gestalten statt versiegeln“. Der STANDARD wird an dieser Stelle in seiner Ausgabe vom 5. Juni ausführlich über das Symposium berichten.

Der Fachverband ist auch im Internet mit einer Homepage unter www.wk.or.at/steinkeramik vertreten.

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