Bauwerk

Jüdisches Zentrum Jakobsplatz
Wandel Hoefer Lorch + Hirsch - München (D) - 2006
Jüdisches Zentrum Jakobsplatz, Foto: Reinhard Görner / ARTUR IMAGES
Jüdisches Zentrum Jakobsplatz, Foto: Roland Halbe / ARTUR IMAGES
Jüdisches Zentrum Jakobsplatz, Foto: Roland Halbe / ARTUR IMAGES

Eine Festung aus Stein und Glas

Einweihung von Münchens aufsehenerregender neuer Synagoge

10. November 2006 - Ulf Meyer
Auf kaum einem anderen Gebiet hat die deutsche Architektur in den letzten Jahren ähnlich innovative Leistungen hervorgebracht wie auf jenem des Synagogenbaus. Denn nachdem die Mitgliederzahl der jüdischen Gemeinden Deutschlands dank der Zuwanderung aus Osten in jüngster Zeit stark angewachsen war, entstanden allenthalben Neubauten, darunter die architektonisch bedeutenden Gemeindezentren von Duisburg und Dresden. Gestern nun konnte, auf den Tag genau 68 Jahre nachdem Deutschlands Synagogen brannten, in München ein weiteres jüdisches Gotteshaus eingeweiht werden. Sein Vorgängerbau allerdings, die prächtige neuromanische Synagoge neben der Frauenkirche, war auf Befehl Hitlers schon am 7. Juni 1938, also fünf Monate vor der Reichspogromnacht, abgerissen worden.

Die neue Münchner Synagoge am Jakobs- Platz ist ein Meisterwerk zeitgenössischer Sakralarchitektur. Sie stellt zusammen mit dem noch nicht eröffneten Museum und dem Gemeindehaus das grösste Bauvorhaben einer jüdischen Gemeinde seit langem in Europa dar. Der Synagogenbau selbst besteht aus zwei aufeinandergestellten minimalistischen Kuben, von denen der untere, fensterlose mit Naturstein verkleidet ist und den Tempel Salomons in Jerusalem symbolisiert. Er bildet den Sockel für den Glasquader, der den Gebetsraum beleuchtet und zugleich den Blick der Gläubigen hinauf zum Himmel richtet. Die stählerne Stützkonstruktion der gläsernen Hülle besteht aus einem Dreiecksmuster, das Davidsterne bildet. Das sensible Spiel von Licht und Schatten verleiht dem Raum eine einzigartige Atmosphäre. Nachts schimmert der Glaskörper von innen her in goldenem Licht und schreibt sich in die Silhouette der Stadt ein wie einst die 1887 geweihte Münchner Hauptsynagoge an der Herzog-Max-Strasse.

Die archaisch abstrakten Kuben wirken skulptural und massiv, sinnlich und einfach zugleich. Ihre ganze Wirkung werden sie aber erst entfalten, wenn am 22. März 2007 auch das Jüdische Museum eingeweiht wird, welches das gestalterische Thema des geschlossenen Steinblocks variiert. Der dritte Neubau am Jakobs-Platz ist das Gemeindehaus der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. Bibliothek, Sporthalle, Volkshochschule, Rabbinat, Kindergarten, Schule, Verwaltung und ein koscheres Restaurant gruppieren sich hier um einen begrünten Innenhof. Die drei Teile des Ensembles fügen sich in den kleinteiligen Massstab des Jakobs-Platzes ein, setzen durch ihre Schrägstellung und ihre Form aber dennoch städtebauliche Akzente.

Das neue Gotteshaus gleicht entfernt der neuen Synagoge in Dresden. Dies ist kein Zufall, denn beide Sakralbauten wurden vom Architekturbüro Wandel Hoefer Lorch aus Saarbrücken entworfen. Der Münchner Neubau soll den spirituellen Bedürfnissen der in den letzten Jahren auf 9000 Mitglieder angewachsenen Gemeinde ebenso dienen wie der alltäglichen Gemeinde- und Bildungsarbeit. Mit ihm kehrt jüdisches Leben wieder in das Herz Münchens zurück.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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