Bauwerk

Neuplanung Firmenzentrale BIG
querkraft architekten - Wien (A) - 2006

Kein Gramm Fett

Wenn die Bundesimmobiliengesellschaft ihren neue Zentrale bezieht, dann muss die Architektur als Visitenkarte herhalten. Von den querkraft-Architekten hat die BIG daher ein rationales Outfit verpasst bekommen: Neu ist hier nur, was unbedingt neu sein musste.

16. September 2006 - Isabella Marboe
Architekten mögen es nicht, wenn man über Bauwerke in den Kategorien „schön“ und „nicht schön“ spricht. Sie bevorzugen es, sie als adäquat, konzeptionell interessant, avantgardistisch, bestenfalls als schlicht zu bezeichnen. Doch wenn man durch dieses ganz bestimmte Wiener Eckerl zwischen Hauptzollamt, Lebensministerium und Hotel Marriott fährt, in dem die Architekturbonzen der 80er- Jahre ihre unübersehbaren Handschriften hinterlassen haben – dann muss man unweigerlich von städtischen Ausgeburten der Hässlichkeit sprechen.

In eines dieser Gebäude – rosafarbene Steinfassade direkt hinter der Urania – ist kürzlich die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) eingezogen. Über 5000 öffentliche Gebäude stehen unter ihrer Obhut, und so ist man nicht umhin gekommen, den neuen Standort auch als bauliche Visitenkarte zu verstehen.

Das Architekturbüro querkraft nahm sich der schwierigen Aufgabe an und statuierte das Exempel, dass man auch im engen Korsett der hässlichen Gebäudehülle „Schönes“ schaffen kann. „Unser Motto war, kein Gramm Fett zuzulassen“, erklärt Architekt Jakob Dunkl, einer von drei gleichberechtigten Partnern, „da ist nichts dran, was unter Umständen zu viel sein könnte.“

Architektur auf Diät

Und so ging man dem üppigen Beamtenbarock an den Kragen und riss alles nieder, was nicht unbedingt bleiben musste. Es beginnt bereits auf der Straße: Im Eingangsbereich der neu verglasten Lobby wurden die rosafarbenen Steinplatten von den Säulen gerissen; graue Farbe bleibt als Schatten des konzeptionellen Gewaltaktes bestehen. Die Lobby selbst besticht in minimalistischem Grau und Weiß, die Beleuchtung ist ultramodern, architektonisches Fett sucht man vergeblich. Einziger Farbtupf ist das typische BIG-Orange, das Kugelschreiber, Zuckerln und sogar die Krawatte des Portiers kenntlich schmückt.

In den Besprechungsräumlichkeiten im 12. Stockwerk und in der Chefetage einen Stock höher geht noch reduzierte zu: Steinplatten und grauer Teppichboden, Glaswände und Edelstahl. An der Decke sorgt grober Spritzputz für gute Akustik, darunter hängen Kühldecken und Lüftungsgeräte herab, Rohre und Kabeltassen werden wie Autobahnen geführt, eine unregelmäßige Matrix aus eigens entworfenen und hergestellten Leuchtstoffröhren erhellt den Raum. Der schlichte Grund für diese karge Offenheit: Eine abgehängte Decke hätte die ohnehin niedrige Raumhöhe gedrückt.

„In den Besprechungsräumen ist von der Frontalpräsentation im Großen bis hin zur gemütlichen Atmosphäre alles möglich“, erzählt Ernst Eichinger, Pressesprecher der BIG. Mit Letzterem sind vor allem die kleineren, unförmlichen Lounges gemeint, die mit Sofas, Fauteuils und sogar mit der geschichtsträchtigen Sitzgruppe „Galaxy“ von Walter Pichler ausgestattet sind.

Kunst an der Wand

Doch der wahre Clou des neuen Arbeitsmilieus zeigt sich an der Wand. Um die hässlichen, aber wohlgemerkt noch voll funktionstüchtigen Kunststofffenster zu kaschieren, wurde Heimo Zobernig mit einer künstlerischen Installation beauftragt. Unter dem Titel „Transparent opakes Buchstabenwanddesign“ zieht sich der gleichnamige Schriftzug als gerasterter Layer durch die gesamte Innenfassade und drängt die alten Heizkörper und Fensterprofile in den Hintergrund zwischen Kunst und Architektur.

„KeinGrammFett“ bedeutet hier unter anderem, dass auch die Baukosten einer strengen Diät unterzogen wurden. Dieser Umbau gilt in erster Linie der Funktion, und nuramRande dem Schönen. In diesem Sinne ist das neue BIG-Headquarter kein schmieriger Protzpalast, kein Haus, in dem man sich mit Lorbeeren schmückt, sondern ein Ort von Rationalität. Jede andere Sprache nach außen wäre für für die BIG ein riskantes Unterfangen in Sachen Image.

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