Bauwerk

Wiederaufbau SAFFA-Haus
Beate Schnitter - Stäfa (CH)

Dritter Frühling Lux Guyers Saffa-Haus

Das in der Schweiz legendäre Saffa-Haus ist seit diesem Sommer an seinem dritten Standort in Stäfa, Kanton Zürich, wieder aufgebaut. Es handelt sich um das 1928 in Bern an der Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit (Saffa) gezeigte, kostengünstige Fertighaus aus Holz der Architektin Lux Guyer.

20. Dezember 2006 - Charles von Büren
Ein Prototyp und Ausstellungsobjekt für wenige Monate, ein Wohnhaus mit Erweiterung für 70 Jahre und seit Sommer dieses Jahres in ursprünglicher Form und mit neuem Zweck am dritten Standort aufgebaut – das Saffa-Haus von Lux Guyer, der ersten Architektin der Schweiz mit eigenem Atelier, lässt sich mit Fug und Recht als Ikone und sowohl architektonisch wie technisch herausragendes Beispiel für nachhaltiges Wirken sehen.

Die drei Leben eines Pionierbaus aus Holz der 1920er Jahre

Das Saffa-Haus, dieses bedeutende Pionierwerk aus den zwanziger Jahren, hat eine bewegte Geschichte. Es entstand aus Anlass der ersten Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit Saffa (1928) in Bern als zwar fertig gebauter, dort aber bloß für Schauzwecke ausgestatteter Prototyp. Nach Ende der Saffa wurde das Haus verkauft, demontiert, in Aarau neu aufgebaut und während rund siebzig Jahren als Wohnhaus genutzt. Mit der Zeit wurde der Holzbau erweitert, doch waren diese Anbauten zum Glück so konzipiert, dass die originalen Bauteile mehr oder weniger unangetastet überlebten. Das Umfeld des Standorts in Aarau verwandelte sich nach und nach in eine Industriezone, das Wohnhaus wurde dort zum Exoten und diesem wichtigen Zeitzeugen drohte 1999 der Abbruch. Interessierte Kreise gründeten 2002 den „Verein prosaffahaus“. Sie erreichten in verhältnismäßig kurzer Zeit das Ziel, das Haus zu demontieren, vorerst in Aarau einzulagern und nun in Stäfa am Zürichsee wieder aufzubauen und öffentlich nutzbar zu machen.
Diese dritte Nutzung demonstriert eindrücklich die Dauerhaftigkeit der damals eigens entwickelten Konstruktion aus Holzelementen. Sie waren rasch montiert, demontiert, eingelagert und neu wieder zusammengesetzt – ein im besten Sinn und tatsächlich nachhaltig erdachtes und konstruiertes Haus.

Die Konstruktion

Das Saffa-Haus gehört zu den ersten Fertighäusern aus Holz in der Schweiz. Der Bau besteht aus massiven, normierten Holzelementen und basiert auf einem damals neuen Patent der Firma Holzbau Lungern. Mit diesem Bausystem wären solche Häuser praktisch überall zu erstellen gewesen, doch machten die in den Jahren nach der Saffa ausgebrochene Weltwirtschaftskrise und später der Krieg solche Visionen für die Vorfabrikation aus Holz zunichte.
Wie gut sich dieses Bausystem bewährt hat, illustriert die Tatsache, dass beim Wiederaufbau nach rund 75 Jahren fast alle Holzelemente noch intakt waren. Einzig beim Bad war ein Holzteil durch Feuchte angegriffen und musste ausgewechselt werden. Und beim Ausbau waren die Einbauschränke und Täfelungen zum Teil zu rekonstruieren.
Der Wiederaufbau der Grundsubstanz erfolgte innert sechs Tagen. Die Grundrissaufteilung blieb an den drei Standorten weitgehend gleich, der architektonisch funktionale Grundgedanke von Lux Guyer wurde immer respektiert. Beate Schnitter, Architektin in Zürich, führte die Restaurierung detailgetreu durch und gab dem Haus nicht nur seine ursprüngliche Form zurück, sondern rekonstruierte mit Respekt und Können auch die ursprüngliche Atmosphäre.

Die Architektur

Das Saffa-Haus ist architekturgeschichtlich ein Pionierwerk. Lux Guyer erreichte mit diesem Bau eine Synthese der traditionellen bürgerlichen Wohnkultur – insbesondere des englischen Landhauses – und der radikalen Moderne des Neuen Bauens. Zudem ist das Haus mit seinem Raumprogramm visionär, denn mit seinen vielseitig nutzbaren Räumen ermöglicht es ein partnerschaftlich orientiertes Zusammenleben. Die Räume weisen eine handliche Größe auf, wirken großzügig und hell und ermöglichen durch ihre Anordnung ungewöhnliche Raumkombinationen. Die Fenster, teilweise über Eck, sind so angeordnet, dass vielfältige Möglichkeiten der Möblierung offenbleiben. Der Ausbau ist bis in die Einzelheiten sehr sorgfältig geplant und lässt mit Einbauschränken, Regalen und Schwingtüren auch praktischen Überlegungen Raum. Mit seinem Walmdach und der Fassade mit rötlichen Eternitschindeln strahlt dieses radikal modern konzipierte Holzhaus auch nach außen Geborgenheit aus.

Neue Nutzung am Standort Stäfa

Der Gemeinderat von Stäfa hat sich vom Saffa-Haus begeistern lassen und stellte dem Verein prosaffahaus ein passendes Grundstück zur Verfügung (Tödistrasse 1). Der Wiederaufbau kostete 1,4 Mio Franken, ein Betrag, der dank der Großzügigkeit von über 200 Personen, Institutionen, Unternehmungen und der öffentlichen Hand zusammenkam. Vier Jahre nach seiner Gründung konnte im Sommer 2006 der Verein das Haus der Gemeinde übergeben. Gemäß Vertrag ist die Gemeinde Stäfa verpflichtet, dieses überkommunale Schutzobjekt öffentlich zugänglich zu machen. Sie hat es dem Stäfener Eltern-Kind-Zentrum zur Nutzung überlassen.
Das Saffa-Haus macht am neuen Ort den Eindruck, als sei es schon immer dagewesen, so selbstverständlich integriert erscheint es im neuen Kontext. Dies bestätigt und würdigt die avantgardistischen Ideen und Vorstellungen der Architektin Lux Guyer, die es vor achtzig Jahren wagte, ein fertiges Haus für viele Standorte zu propagieren. Es bestätigt ihre Überzeugung, dass ein solches Haus mit seinen im Entwurf eingeschriebenen Eigenschaften vielen unterschiedlichen Menschen eine individuelle Nutzung zu bieten und gleichzeitig die räumliche Integration in den jeweiligen Siedlungskontext qualitativ zu leisten vermag.

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: zuschnitt

Ansprechpartner:in für diese Seite: Kurt Zweifelzweifel[at]proholz.at

Akteure

Architektur