Bauwerk

Wohnhaus Meißnitzer - Um- und Zubau
X ARCHITEKTEN - Linz (A) - 2006
Wohnhaus Meißnitzer - Um- und Zubau, Foto: X ARCHITEKTEN ZT GmbH
Wohnhaus Meißnitzer - Um- und Zubau, Foto: X ARCHITEKTEN ZT GmbH

Flach oder Dach?

Umbauen in einer Gegend mit Satteldachvorschrift? Was haben wir nicht schon alles gesehen! Was haben Architekten nicht schon alles gemogelt! Den x architekten ist ein feines Experiment gelungen, indem sie das anfänglich stolze Dach sukzessive plattdrückten.

25. August 2007 - Isabella Marboe
Das industriedurchsetzte Einfamilienhausgebiet im Süden von Linz ist nicht gerade die beste Wohnadresse. Für den Bauherren aber gab es keine bessere, denn in der Gartensiedlung mit ihren vielen kleinen Häusern aus den Sechzigern war er aufgewachsen. Dem Haus aus alten Kindestagen blieb er selbst dann noch treu, als er seine Frau kennen lernte. Die Eltern zogen sich ins Erdgeschoß zurück, das Paar wanderte in den ersten Stock - doch als der ersehnte Nachwuchs kam, wurde es eindeutig zu eng.

Anstatt in eine andere Gegend mit womöglich weniger Grün und dafür mehr Verkehr zu ziehen, beschlossen die Bauherren, die Umzugsideen schnell wieder fallen zu lassen - und umzubauen. Keine leichte Aufgabe angesichts der verwinkelten Räume und des bauphysikalischen Standards, der zu wünschen übrig ließ. Zudem war das Dach völlig ungedämmt.

Die x architekten sollten der Jungfamilie um möglichst wenig Geld möglichst viel Raum schaffen. Zuerst einmal wurde Basisarbeit am Bestand geleistet: Er bekam eine neue Heizung und größere Fenster mit Isolierglas, dafür nahm man ihm die Treppe. Nun führt eine Sichtbetonstiege von der Straße aufs Garagendach. So gewannen die Eltern ein Zimmer und die Bauherren einen autonomen Zugang mit einer riesigen Lattenrost-Terrasse für sich allein. „Früher lag diese Fläche einfach brach, jetzt sitzen wir oft stundenlang da“, sagt die Baufrau, „am besten ist es am Abend, wenn dann die Sonne untergeht.“

Über einen Durchbruch in der Westwand kommt man in den ersten Stock. Rund um die zentrale Stiege herrscht nun offene Weite. Nichts als zwei zarte Säulen und eine schmale Wandscheibe liegen zwischen dem Wohnen und Essen. Am großen Südfenster mit dem Parapet aus Mooreiche sitzt man quasi in den Baumkronen. „Eigentlich war das eine Notlösung, um den Heizkörper zu verstecken, aber jetzt ist die Bank mein Lieblingsplatz“, bekennt der Bauherr.

Darüber aber wird es wirklich spannend. „Die Bauordnung erlaubte kein Vollgeschoß, sondern nur einen Dachausbau“, sagt David Birgmann von den x architekten, „der Kniestock lag nur 1,20 Meter über der Rohdecke und so versuchten wir, aus der Dachneigung ein Maximum an Raum rauszuschinden.“

Das Spiel mit dem Dach

Am deutlichsten zeigt sich diese Strategie der totalen Ausnutzung an der Straße im Norden, wo das Dachgeschoß noch eine konventionelle Satteldachform aufweist - man möchte ja nicht die guten Nachbarschaftskontakte der Eltern gefährden. Doch im allmählichen Umkreisen ändert der Holzleichtbau sukzessive seine Form. Trichterförmig streben die ansteigenden Seitenwände dem raumhohen Panoramaglas des Elternschlafzimmers zu. Das Dach indes verebbt, bis am Ende nichts mehr von ihm zu sehen ist. Stolze vier Meter beträgt die Auskragung an dieser Stelle. Darunter schafft sie Platz für einen gedeckten Freiraum.

Außen ist der Holzleichtbau mit Bitumenschindeln gedeckt, das passt zur Nachbarschaft. Innen aber ist er rundum mit rauen OSB-Platten verkleidet, was ihm einen bergenden Charakter gibt und seine dynamisch gefaltete Geometrie ungebrochen zur Geltung bringt. Im Gegensatz dazu haben die Kinderzimmer und das weiße Bad klare, weiße Wandgrenzen.

Damit es zwischen dem schwebenden Sonnenbalkon und den beiden Kinderzimmern nicht dunkel wird, sind runde Lichtkuppeln in die Dachflächen eingeschnitten. Kreisförmig fällt der Himmel auf die Schlafgalerie der Kids, auf die Stiege, auf den Arbeitsplatz und direkt ins Bad. Das Schlusswort der Bewohner: „Hier in der Wanne zu liegen und hinauszuschauen ist vor allem bei Regen fein.“

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Der Standard

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Karin Wimberger
Peter Meißnitzer

Tragwerksplanung