Bauwerk

Bank für Tirol und Vorarlberg
Baumschlager Eberle Architekten - Wolfurt (A) - 1998

Die Bank aus Holz, Glas und ohne Schalter

Eine Bankfiliale als Architekturpilgerstätte: Architekturinteressierte haben in Vorarlberg eine neue Pilgerstätte: die jüngste Filiale der Bank für Tirol und Vorarlberg, in Szene gesetzt von Baumschlager / Eberle.

12. Juni 1998
Architekturinteressierte haben in Vorarlberg eine neue Pilgerstätte: die jüngste Filiale der Bank für Tirol und Vorarlberg, in Szene gesetzt von Baumschlager / Eberle. Das Bank-, Büro- und Wohnhaus im Zentrum der 8000-Einwohner-Gemeinde Wolfurt polarisiert. Blickfang des Holz-Glaskubus ist die Fassade. Elemente aus unbehandelten Lärchenleisten, verschiebbar (sofern man die nötige Körperkraft aufbringt und schmutzige Hände nicht scheut) garantieren im Bankenbereich Diskretion, sind Sichtschutz und Schattenspender für Büros und die acht Eigentumswohnungen. Nicht allein die für eine Bank ungewohnt transparente und schlichte Holz-Glasfassade unterscheidet die BTV Wolfurt von anderen Geldinstituten.

Die Neudefinition der Bank als „Kommunikationszentrum“ hat in der Gestaltung des Beratungs- und Servicebereiches, früher: Schalterraum, ihre Entsprechung gefunden. Keine Barrieren, keine Sakralstimmung, keine diskretionsgeladene Stille. Aus den geheiligten Hallen wurde ein pulsierender Marktplatz in Holz, Glas und Chrom. Filialleiter Jürgen Grabher beschriebt die in Wolfurt radikal umgestezte BTV-Idee der ServiceBank: „Wir sehen die Bank als Fachgeschäft, wo sich der Kunde umschauen kann“, und, „wenn gewünscht, sein ganz persönliches Paket zusammengestellt bekommt“.

Dazu stehen ein Service-und ein auf das Notwendigste reduzierter Beratungsbereich zur Verfügung. Fast 45 Prozent der Transaktionen werden von den Kundinnen und Kunden selbst an den Computern durchgeführt. Der Servicebereich mit SB-Computern ist von 5 bis 22 Uhr geöffnet. Die „Automaten“ spielen alle Stückerl, geben Auskunft über Konditionen und erledigen sogar Terminüberweisungen. Schutz vor neugierigen Blicken gewähren im transparenten Servicebereich Computereinhausungen aus Nußfurnier, eine Oberfläche, die Baumschlager / Eberle im gesamten Kunden- und Bürotrakt einsetzen. Der Beratungsbereich ist außerhalb der Öffnungszeiten lediglich durch eine Glaswand vom Servicebereich getrennt. Wer sich nicht selbst an Computern bedienen will, wird von freundlichen MitarbeiterInnen an einen Beratungsplatz, die aus Computer-Stehtischchen und Rollboys bestehen, gebeten. In der „Beziehungsbank“ stehen die Kunden im Mittelpunkt. Dies durchaus wörtlich. Das Bild, das sich erstaunten ErstbesucherInnen in der BTV-Service-Bank bietet, ist ein ungewohntes: Personengruppen an Stehtischen, in Gespräche mit den BeraterInnen vertieft, statt der Espressi Computer vor sich. Quietschende Kinder vor dem Sparautomaten McRich, dazwischen immer in Bewegung: das vierköpfige Beratungsteam. Der Geräuschpegel im Service- und Beratungsraum läßt keine Erinnerung an ehrfürchtige Stille in protzigen Marmortempeln hochkommen. Besprechungszimmer im Erdgeschoß und im Bürotrakt, schlicht in Chrom, Kunststoff und Nuß möbliert, ergänzen das Angebot durch Rückzugsmöglichkeiten. (jub)

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