Bauwerk

Wohnen am Park
PPAG - Wien (A) - 2009
Wohnen am Park, Foto: Christoph Wassmann
Wohnen am Park, Foto: PPAG architects ztgmbh
31. Mai 2009 - Az W
Die städtebauliche Situation ist außergewöhnlich. Am ehemaligen Nordbahnhof entsteht ein neuer Stadtteil mit ca. 20.000 Bewohnern. Die Südwestfassade des Hauses bildet in ihrer gesamten Länge die Fassade des neuen, unmittelbar angrenzenden Parks. Das Erdgeschoss ist circa zur Hälfte aufgeständert und frei durchgänglich und bildet so für die Vorgartenstraße ein Tor zum Park. Unter dem Haus sind parknahe Nutzungen wie sonnengeschützte Sandkiste und Tischtennistische angeordnet. Die Unterschiedlichkeit der Hausfassaden ist Programm. Die rubinroten Glasbrüstungen der Balkone prägen die Erscheinung zum Park, während zur Vorgartenstraße die übergroßen Fenster der Maisonettewohnungen ein Spiel mit dem Maßtab der Stadt treiben.

Wie kann ein maximal großes Wohnhaus aussehen, ohne in Monotonie zu verfallen? Wie schafft man Überschaubarkeit im Inneren wie im Äußeren, Wiederkennungswert, sowie Identifikation des Einzelnen mit dem Gesamtkomplex? Fragen, die auf eine unbedingt nachhaltige Architektur abzielen: Der Anspruch an eine maximale Wohnqualität für jede einzelne Wohnung ist Grundvoraussetzung.

Trotz der Größe wird auf ein Regelgeschoss verzichtet, jedes Stockwerk ist ein Unikat, wobei durch vertikale Verzahnung der Ebenen mittels interner Lufträume im Gangbereich zusammenhängende innere Häuser geschaffen wurden, die räumlich individuell ausgebildet zu hausinternen Nachbarschaften werden: Der Gangbereich vor der Wohnung wird zum gemeinschaftlichen Wohnzimmer vor dem Wohnzimmer. Ein Novum stellen hier die den Wohnungen zugehörigen Abteile dar. Das Kellerabteil befindet sich hier direkt vor der Wohnungstüre, Tageslicht inklusive. Statt der Liftfahrt in den Keller - zum Beispiel, um den Koffer zu verräumen - tritt man vor die Wohnungstüre und hält sich außerhalb der Wohnung im Wohnungsumfeld auf. Ein Baustein mehr, der die gelebte Nachbarschaft innerhalb des Wohnblocks fördert.

Ein Kunstprojekt transformiert die Erschließungszone in eine vertikale Galerie. Gemeinschaftliche Einrichtungen (Waschsalon, Kinderspielraum, Mehrzweckraum, Sauna) unterstützen das Gelingen eines sozialen Wohnbaus. Die räumliche Ausformulierung des gesamten Hauses, das Stricken eines komplexen Algorithmus wird zum entscheidenen Argument bei der Antwort auf die Frage der NICHTNEUTRALITÄT und NICHTSERIALITÄT. Aus der Wechselwirkung dreier Bausteine (3 grundsätzlichen Wohnungstypen) wird eine komplexe Grammatik, die letztendlich die gesamte Struktur zwingend ergibt. Dadurch gleicht kein Eck des Hauses, kein Gang, kein Teil der Fassade einem anderen. Das eigene Zimmer ist – einmal erkannt – im Muster der Fassade intuitiv erkennbar, steigt man im falschen Geschoss aus dem Lift, weiß man sich in einer falschen Welt (schon bevor der Schlüssel nicht sperrt). (Text: Martina Frühwirth nach einem Text der Architekten)

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

Ansprechpartner:in für diese Seite: Maria Welzigwelzig[at]azw.at