Bauwerk

Wohnbebauung Donaufelder Straße
Werner Neuwirth - Wien (A) - 2012
Wohnbebauung Donaufelder Straße, Foto: Lukas Roth
Wohnbebauung Donaufelder Straße, Foto: Werner Neuwirth
22. Februar 2013 - Az W
Entlang der Donaufelder Straße bildet der straßenseitige Bauteil den Abschluss des weitläufigen Wohnquartiers auf dem Areal der ehemaligen Bombardier Gründe. Dass Werner Neuwirth auch den Wettbewerb des angrenzenden Bauplatzes für sich entscheiden konnte, erwies sich als glückliche Fügung, da die beiden Bauteile aufeinander Bezug nehmen.

Entsprechend der unterschiedlichen Umgebungsgeschwindigkeiten sind die Fassaden Straßenbaukörpers (=Bauteil an der der Donaufelder Straße) unterschiedlich ausgeformt. Straßenseitig ist das Erscheinungsbild großmaßstäblich, seriell, mit durchlaufenden Linien nüchtern gehalten und entspricht der Geschwindigkeit des vorbeiziehenden Verkehrs. Einzig bei der Tiefgarageneinfahrt erfolgt ein dezentes visuelles Zeichen: Hier geht es hinunter.
Abseits der Straße, zum Wohnareal hin orientiert, wird die Fassade verspielter. Die horizontale Linie wandert nach oben und unten, der Baukörper knickt nach vorne und hinten. Diese „Verlangsamung“ entspricht der Geschwindkeit vorbeigehender Fußgänger.

Die Zugänge zu den Häusern sind hofseitig und allesamt großzügig verglast. Der Architekt legt besonderen Wert darauf, dass man beim Betreten des Gebäudes nicht in ein dunkles Loch hineingeht, sondern mit einem Blick in den Freiraum begrüßt wird. Für ein Fenster musste er sich jedoch besonders einsetzen: das Panoramafenster in der Tiefgarageneinfahrt. „Wozu braucht man Licht, wenn man in die Garage hinunterfährt?“ Diese Frage seitens Bauträger musste sich der Architekt gefallen lassen. Für gewöhnlich fährt man in ein schwarzes Loch. Das Panoramafenster belichtet nicht nur die Einfahrt. Hier teilt sich die Welt in ein oben und ein unten. Am Weg in die Unterwelt „erfährt“ man einen Blick in den Freiraum.

Der zweiten Bauplatz (Hofbaukörper) hätte laut Flächenwidmung mit einem „Winkel“ bebaut werden sollen. Speziell für die im Innenwinkel liegenden Wohnungen bedingt ein Winkel jedoch ungünstige Belichtungssituationen. An Stelle des Winkels stehen nun drei eng zu einander orientierte Baukörper. Die Innenecke der Bauform öffnet sich gegen Westen hin und ermöglicht eine Belichtung der zum Hof hin orientierten Wohnungen, wie auch des Hofes selbst mit Abendsonne. Das Sonnenlicht lässt die lasierten Betonmauern „aufglühen“, die Fassade changiert in einen Bronzefarbton. Vergleichbar mit hell unterlegten Flächen in der Ölmalerei bringt der zu Grunde liegende, helle Beton die Farbe zum Leuchten.

Der Hofbaukörper ist in seiner Wirkung gewichtig und massig angelegt. Vorhänge auf rundumlaufenden Schienen hätten in den Loggien für textile, leichte Akzente sorgen sollen. Der Bauträger äußerte jedoch Bedenken hinsichtlich der Erhaltungskosten, schließlich wurden die Vorhänge auf Eigeninitiative der Bewohner vereinzelt angebracht. Der cremefarbige Stoff bildet einen gelungenen Kontrast zum braun lasierten Beton. Der Architekt bevorzugt die Lasur, weil durchgefärbter Beton – abhängig vom Betonierzustand häufig unerwünschte Farbunterschiede ausweist und starke Temperaturschwankungen während der Verarbeitung zu einem fleckigen Erscheinungsbild führen können (vgl. Stadtvilla von Marcel Meili und Markus Peter in der Beton-Mustersiedlung 9=12, Wien 14).

Für den Architekten Werner Neuwirth ist die Außenwand „der primäre, das Bauwerk und dessen Gestalt bestimmende Bauteil.“ Aus Sicht des Architekten spricht im Grunde alles gegen eine außenliegende Wärmedämmung: „Es würde keiner ein Auto bauen und außen die weiche Verkleidung machen und innen das Blech lackieren.“ Ähnlich einem Sakko, wo der strapazierfähigere und dauerhaftere Stoff außenliegend das weiche und warme „Futteral“ innenseitig schützt, werden die warmen Wohnungen von einem kalten und roherem äußeren Gewebe aus Betonrahmen umhüllt. Der Bauteil an der Donaufelder Straße setzt sich nordseitig aus einem klassizistischen tektonischen Muster im Form von Stützen, Balken und Füllungen zusammen, die sich nur scheinbar wiederholen. Keine zwei identen Fertigteile wurden hier verbaut. Eine ausgeklügelte Systematik mit Halbierungen, Fünftelungen und Drittelungen (1/3:2/3, 2/5:3/5) bildet in ihrer Gesamtheit ein harmonisches Ganzes. (Text: Martina Frühwirth)

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Für den Beitrag verantwortlich: Architekturzentrum Wien

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