Bauwerk

Schachinger Logistik LT1
Poppe*Prehal - Hörsching (A) - 2013
Schachinger Logistik LT1, Pressebild: Kurt Hörbst
Schachinger Logistik LT1, Pressebild: Kurt Hörbst

Staatspreis Architektur & Nachhaltigkeit 2014

In Oberösterreichs Zentralraum zwischen Linz und Wels liegt – neben Autobahn, Traunfluss und Bundesstraße – einer der Hauptstandorte der Schachinger Logistik. Ihr neuer Hallenbau ist ein Meilenstein der ökologischen Trendwende.

12. November 2014 - newroom
Allein die Zufahrt durchs Firmengelände in Hörsching beeindruckt. Im Jury-Bus passieren wir zunächst ein veritables Spalier riesiger älterer Hallen, bevor ganz am Ende das neue Hochregallager in seinem senkrecht gestreiften Holzkleid auftaucht. Und aus der Nähe zeigt sich erst dessen eigene Dimension: größer als ein Fußballfeld an Grundfläche, 16 Meter Bauhöhe, Raum für 20.000 Paletten; 400 Tonnen Lebensmittel werden hier täglich rangiert, ein- und ausgeladen, 20 große LK W und mehr abgefertigt, 200 Mitarbeiter:innen werken nur in diesem Bereich. Am Tor erwartet uns eine Gruppe mit Architekten und Fachplanern zur Führung, der Firmenchef selbst ergreift das Wort. Und Max Schachinger weiß vom Großen bis ins Kleinste haargenau, wovon er spricht: Welche Arbeitsbedingungen üblicherweise in solchen Hallen herrschen, wo Dutzende Hubstapler wie in einem Autodrom hektisch kreuz und quer durch die Gänge flitzen, wo ständig irgendein großes Tor zur Verladung offensteht und Zugluft herrscht, wo hauptsächlich trübe Kunstlichtstimmung rohe Betongehäuse illuminiert und harte Akustik das Tragen von Ohrschützern nahelegt, und wo die bauliche Substanz solcher „Großcontainer“ generell „Sondermüll“ darstellt, wie er formuliert, und bei aller „Sparbauweise“ letztlich maßloser Energieaufwände bedarf – und wie er all das seit zehn Jahren in seinem Betrieb vollkommen ändern wollte und es ihm nun gelungen sei, ein Logistikgebäude dieser Dimension mit dieser Qualität in Bauökologie und Energieeffizienz zu errichten.

Der direkte Vergleich offenbart es drastisch: Zuerst zeigt uns Schachinger den anschließenden älteren Hallenraum aus Betonfertigteilen – immerhin gerade frisch weiß gestrichen. Im Neubau finden Auge und Ohr (und auch Nase) ganz andere Verhältnisse vor: durch ins Dach integrierte Lichtkuppeln viel Tageslicht, von den allseits dominierenden Farbtönen der enormen Holzstrukturen moduliert und in einigen leuchtend gefärbten Wandpartien reflektiert; ein deutlich niedrigerer Schallpegel trotz Vollbetriebs; auch in den Büroräumen und in der großen Kantine (die auf Bio-Produkte setzt) helle, freundliche Atmosphäre.

Umgesetzt wurde all das mit einschlägig bestens profilierten Architekten in nur sieben Monaten Planungs- und Bauzeit mit einem durchgängigen Holzbaukonzept – von der Konstruktion, über Dach- und Wandaufbauten bis hin zur Fassade, mit einer Energieversorgung mit Wärmepumpe unter Verwendung des Grundwassers und durch die Verwendung weitgehend ökologischer Materialien. Die gesamte Primärkon‑struktion des Gebäudes ist im Holzskelettbau errichtet, wobei statisch optimierte Kreuzstützen die vertikale, und 22 m Meter lange, meterhohe Brettschichtholzträger die horizontale Tragkonstruktion bilden. Als raumbildende Elemente dienen vorgefertigte Wand- und Dachmodule aus Holzwerkstoffplatten mit Glaswolle- Kerndämmung. Selbst dort, wo es aus statischen und brandschutztechnischen Gründen nicht möglich war, den Werkstoff Holz zu verwenden, kamen ökologische Alternativen zum Zug, indem CO2-armer Beton eingesetzt wurde. In der an grafische Barcodes gemahnenden Textur der Holzfassaden aus Weißtanne stecken auch sehr handfeste baurechtliche Faktoren, z. B. die Sicherung gegen Brandüberschlag mit den vorspringenden Horizontalstreifen.

Die konstante Temperierung des Gebäudes zwischen 14 und 18 Grad erfolgt einerseits durch Ausschöpfung der natürlichen Lüftung und andererseits durch Kältebereitstellung aus dem Grundwasser mittels Wärmepumpenbetrieb (~70 %) und Free-Cooling-Schaltung (~30 %), also der direkten Verwendung des ohnehin kalten Grundwassers. Die Heizwärme wird ebenfalls durch die Verwendung der Wärmepumpe erzeugt und im Bürotrakt über Unterflurkonvektoren, im Lagerbereich mittels Umluftheizgeräten an die Raumluft abgegeben. Die Rückgewinnung von Wärme und Feuchte mittels Rotationswärmetauscher regelt das Raumklima und wirkt im Winter dem Austrocknen entgegen. Auch der Warenumsatz von rund 400 Tonnen pro Tag wurde in der Auslegung der Heiz- und Kühllast der Halle mitberücksichtigt, denn er stellt einen beträchtlichen Anteil des Energieaufwands dar. Deshalb sind die 14 Laderampen mit speziellen Dichtungen ohne Wärmebrücken ausgeführt. Zusätzlich werden sie über ein MSR-System automatisch angesteuert und kontrolliert, um die Energieverluste beim Ladevorgang möglichst gering zu halten. Im Vergleich zu konventionellen Bauweisen erhöhte all das die Baukosten nur um 6 %, und dieser Betrag wird sich laut Betreiberaussage in kaum fünf Jahren amortisiert haben.

Schachinger Logistik hat 15 Standorte in Österreich, Ungarn, sowie in der Tschechischen Republik, der Slowakei und in Kroatien und erwirtschaftet derzeit einen Jahresumsatz von 170 Millionen Euro. Mit dieser Halle, mit allen dazugehörigen Randkomponenten und weiteren Projekten, ist ein gewaltiger, schon jetzt vielbeachteter Schritt getan, um mit „lernenden Organisationen“ im großmaßstäblichen Sektor den Wandel in „postfossile Verkehrs- und Wirtschaftsformen“ nicht bloß anzudeuten, sondern demnächst ganz konkret auch zu schaffen. (Jurytext: Otto Kapfinger / Staatspreis Architektur & Nachhaltigkeit 2014)

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