Bauwerk

Um- und Ausbau Pension Wechselberger
Feria Gharakhanzadeh, Bruno Sandbichler - Tux (A) - 1998

Gratwanderung: Alt und Neu

Klug und feinfühlig agierten die Architekten Feria Gharakhanzadeh und Bruno Sandbichler beim Umbau einer Pension im Zillertal.

24. Januar 2001 - Franziska Leeb
Von Anfang an war das im Jahr 1910 errichtete Blockhaus in Lanersbach als Gästehaus geführt worden und damit einer der ersten Beherbergungsbetriebe der Umgebung. Es wurde danach noch etwas verändert und aufgestockt, das strenge Rasterkonzept mit vier mal vier Meter messenden Zimmern, einer Gangbreite von zwei Metern und zehn Zentimeter starken Wänden blieb aber bis heute erhalten und wurde auch von den Architekten Sandbichler und Gharakhanzadeh, die 1998 mit der Modernisierung des Anwesens betraut wurden, weitergeführt. Gäste-und Privatzimmer waren derart ineinander verschränkt, dass familiäre Privatheit nahezu unmöglich war.

Mit der Neuübernahme des Hauses sollte vor allem diese unbefriedigende Situation gelöst werden, weiters die drei Gästeapartments mit Bädern versehen und zwei getrennte Wohneinheiten für den Hausbesitzer und den jungen Bauherrn eingerichtet werden. Eine heikle Aufgabe für jeden Architekten, diese Gratwanderung zwischen zeitgemäßer, gebäudegerechter Neuadaption und leicht missverständlichem Rustikal-Look zu meistern.

Den beiden Architekten, die bereits seit einigen Jahren hauptsächlich in Tirol tätig sind und seit Eröffnung eines Bürositzes in Wien auch hier verstärkt auf sich aufmerksam machen, ist es aber gelungen, nicht ins bloße Zitieren abzugleiten. Um eine schalltechnische und funktionelle Trennung zwischen Privatbereich und Gästetrakt zu gewährleisten, teilten sie das Haus kurzerhand in zwei Hälften. Der Hausbesitzer kann weiterhin seinen gewohnten Haupteingang benützen und verfügt über den Mittelgang sowie Räumlichkeiten in Erd- und erstem Obergeschoß.

Die zweite Wohneinheit umfasst einen würfelförmigen Anbau an der Rückseite des Hauses und weitere Räume im Obergeschoß des Altbaues. Für die drei übereinander liegenden Gästeapartments wurde eine eigene Erschließung über ein an der Rückseite zu betretendes Stiegenhaus geschaffen. Die ursprünglich mit roten gerundeten Holzschindeln verkleidete, sanierungsbedürftige „Vorarlberger“ Fassade wurde durch eine für Tirol typische Variante mit gerade geschnittenen Kanten aus unbehandelter Lärche ersetzt. Statt der alten Kastenfenster kamen neue mit geringeren Profilstärken, weniger Teilungen und daher mehr Lichtdurchlass. Die Balkone folgen formal jenen der ganz alten Zillertaler Bauernhäuser und nicht dem geschnitzten Kitsch, wie er mittlerweile längst üblich ist. An diese zwar neu hergestellte, aber historischen Mustern gehorchende Lochfassade am Altbau wurde der Zubau angeschlossen. Im Gegensatz zum Blockbau entschied man sich für einen Holzriegelbau mit Fertigteilwänden, der innerhalb von zwei Tagen montiert war. Die großflächigen Fenster wurden rahmenlos in die ebenfalls geschindelte Fassade eingeklebt. Das hiermit behandelte moderne Thema der Gebäudehaut hebt den Zubau von der plastischen Lochfassade des Bestandes ab.

Im Inneren wurden die Zirbenstuben erhalten und durch neue Einrichtungselemente ergänzt. Auch hier gilt: modern und doch traditionell. Einfache Bänke vor den Fenstern verstecken gleichzeitig die Heizkörper, verlängerte Gardinenstangen sind auch zum Aufhängen der Skibekleidung nützlich.

Im Rahmen der Verleihung des Staatspreises „Tourismus und Architektur 2000“ wurde dieser sensibel gelöste Umbau der Pension Wechselberger in Lanersbach (Gemeinde Hintertux) daher auch mit dem Preis in der Kategorie „Revitalisierung“ gewürdigt. Gut, dass der Bauherr den Ratschlägen von „Baufachleuten“, die für Abriss und Neubau plädierten, nicht folgte, sondern sich ein Architektenteam suchte, das fähig ist, Emotionen der Bauherren gleichermaßen zu berücksichtigen wie funktionale Erfordernisse, Bodenständigkeit und zeitgemäße Interpretationen. Geringe Mehrkosten tun oft weniger weh als schmerzliche Verluste.

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Akteure

Architektur

Bauherrschaft
Matthias Wechselberger