Ensemble

Wohnhausanlage am Mühlweg

Baumhaus reloaded

In den vergangenen Wochen präsentierte der ImmobilienStandard verschiedene Beispiele des Wohnens in Holz. Nach Haus am See, im Wald und am Hang findet die Serie ihren hölzernen Höhepunkt und Abschluss im mehrgeschoßigen Wohnbau. Ein Blick nach Wien-Strebersdorf.

26. August 2006 - Wojciech Czaja
Holz hin oder her - trotz Aufsehen erregender Alternativprojekte aus den Bundesländern bekennen sich jüngsten Umfragen zu Folge 56 Prozent aller befragten Privatbauherren immer noch zum Massivbau. „Der Massivbau ist die beliebteste Bauweise in Österreich“, so sieht es zumindest die Initiative „Bau massiv!“. Und das habe auch seinen Grund, denn „massiv gebaute Gebäude sind keine Produkte von der Stange, sondern sind maßgeschneidert und stellen Werte dar.“

Mehr noch als im Einfamilienhausbau gedeiht vor allem der soziale Wohnbau in Ziegel und Beton. Gegenbeispiele aus Holz finden sich - zumindest in Österreich und da vor allem Wien - so selten wie die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen. Städtisches Wohnen in Holz? Vor der Ödnis beinahe gähnender Leere rettet nur noch die Historie, denn den hölzernen Löwenanteil beanspruchen die vielen Tram- und Dippelbaumdecken in den gründerzeitlichen Häusern für sich. Kaum jemand weiß, dass er dabei auf Holz wohnt. In der Bundeshauptstadt ist es überhaupt erst seit einer Bauordnungsnovelle vor einigen Jahren wieder gestattet, mehrgeschoßig in Holz zu bauen.

Ein solches Prestigeprojekt wird zurzeit in Wien Strebersdorf aus der Taufe gehoben. Auf Initiative des Wohnfonds Wien und der Holzforschung Austria entstand im Rahmen des „Klimaschutzprogramms der Stadt Wien“ eine einzigartige Wohnbauanlage auf einem Areal von knapp 22.000 Quadratmetern, Gesamtinvestitionsvolumen rund 31 Millionen Euro.

Holz an der Decke

Drei holzerfahrene Archidas Projekt am Mühlweg österreichweit, ja vielleicht sogar europaweit einzigartig", so Martin Teibinger, Zuständiger für Wohnbau und Bauphysik. Nach Auskunft des Wohnfonds Wiens ist das Mieterecho auf Bauen in Holz durchaus rege. Silvia Hofer, Projektleiterin im Bereich Liegenschaftsmanagement und Projektentwicklung, erklärt auf Anfrage des STANDARD: "Bis auf die Erdgeschoßwohnungen ist der Andrang sehr groß, die meisten Wohnungen sind betekturbüros, die aus einem Bauträger-Wettbewerb hervorgegangen waren, machten sich an das Grundstück entlang des Mühlwegs heran: Hermann und Johannes Kaufmann, Hubert Rieß und Dietrich Untertrifaller. Gebaut wurde - wo es erlaubt war - mit Holz, das im Wohnbereich hie und da sogar in Form von Sichtholzdecken ans Tageslicht tritt. Gemein ist allen Beteiligten jedoch nicht nur der natürliche Baustoff, sondern auch der Fokus auf die Betriebskosten. Alle Wohnungen weisen Niedrigenergie-Standard auf, manche erfüllen sogar das Anforderungsprofil für Passivbauweise.

"Mit dem Demonstrationsgebäude „Am Mühlweg“ zeigen wir, dass höchste Ansprüche an Energieeffizienz bis hin zum Passivhausstandard durch Holzmischbauweisen auch im sozialen Wohnbau kostengünstig umgesetzt werden können", erklärt Forschungsstaatssekretär Eduard Mainoni. Auch die Holzforschung Austria zeigt sich stolz: „In dieser Größe ist das Projekt österreichweit, ja sogar europaweit einzigartig.“

Holznation Österreich?

Dennoch ist Wien kein einsamer Pionier auf diesem Gebiet. Andere Länder legen andere Sitten an den Tag. Und diese sind bisweilen hölzerner und mutiger als hier zu Lande. Im norwegischen Trondheim ist ein Wohnhaus hochgezogen worden, das auch über seine reine Materialität hinweg die Blicke auf sich zieht (Brendeland & Kristoffersen Arkitekter). In Zürich hat die Architektengruppe EM2N ebenfalls ein großes Stück Wohnen aus dem Boden gestampft. Gleiches vernimmt man aus Meran, wo das österreichische Büro unter dem programmatischen Namen Holzbox seine Vorstellungen des zukünftigen Wohnens unter Beweis gestellt hat.

„Holz hat längst nicht mehr nur das traditionalistische Image von früher“, erklärt Kurt Zweifel von pro:Holz Austria, „eine der kommenden Herausforderungen wird daher sein, für die Planer und Endverbraucher noch mehr technisches Know-how zur Verfügung zu stellen und die Wertschöpfung des Rohstoffs weiter zu steigern.“ Eindeutiges Fazit daher: „Das Wohnbauprojekt am Mühlweg ist keinesfalls das Ende der Fahnenstange, sondern erst der Beginn einer Entwicklung.“

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