Veranstaltung

Geoffrey Bawa - Genius of the place
Ausstellung
24. Juli 2004 bis 17. Oktober 2004
Deutsches Architektur Museum
Schaumainkai 43
60596 Frankfurt am Main


Veranstalter:in: Deutsches Architekturmuseum (DAM)
Eröffnung: Freitag, 23. Juli 2004, 19:00 Uhr

Hofhäuser unter Kokospalmen

Der Architekt Geoffrey Bawa aus Sri Lanka in Frankfurt

Mit seinem modernen Regionalismus wurde Geoffrey Bawa (1919-2003) aus Sri Lanka für die Architekten in ganz Südasien zum Vorbild. Nun präsentiert das Deutsche Architekturmuseum in Frankfurt das Werk des in Europa kaum bekannten Baukünstlers.

20. August 2004 - Roman Hollenstein
Mit abendländischer Überheblichkeit glauben wir Europäer nur zu gerne, dass in Afrika und Asien - Japan ausgenommen - höchstens zweitklassige, mit lokalen Bauformen camouflierte oder aber banale Architektur betrieben wird. Um diese Annahme zu widerlegen, liessen sich neben dem Ägypter Hassan Fathy und dem Inder Charles Correa viele bedeutende Baukünstler aufzählen - bis hin zum Malaysier Ken Yeang, dem Vordenker eines ökologischen High Tech für die Tropen. Einer der engagiertesten und meistbewunderten Architekten Südasiens war der im Mai 2003 verstobene Geoffrey Bawa aus Sri Lanka. Er machte sich zeitlebens für einen klar durchdachten modernen Regionalismus stark, der auf einer kreativen Verschmelzung neuster architektonischer Erkenntnisse mit der baukünstlerischen Tradition seines Heimatlandes basierte.
Liebe zur Tradition

Der 1919 in Colombo geborene Bawa, der von alteingesessenen - väterlicherseits arabischen und mütterlicherseits holländischen - Einwanderern abstammte, liess sich zunächst zum Juristen ausbilden, bevor er in den frühen fünfziger Jahren an der Architectural Association in London studierte. Nach seiner Rückkehr ins damalige Ceylon konnte er die etablierte Architekturfirma Edwards Reid and Begg übernehmen. Zusammen mit seinem langjährigen dänischen Partner Ulrik Plesner formulierte er Anfang der sechziger Jahre das Vokabular einer auf die Bedürfnisse Sri Lankas ausgerichteten Moderne. Neben Villen, in denen Bawa eine überzeugende Verbindung des kolonialen Bungalows mit dem klassischen Hofhaus gelang, entstanden so unterschiedliche Werke wie die burgartige Klosterkirche in Bandarawela (1962), das Bishop's College mit den gitterartigen Sonnenblenden in Colombo (1963), ein Stahlwerk mit filigranen Betonfassaden in Oruwela (1969), der schwimmende buddhistische Seema-Malaka- Tempel in Colombo (1978), das aus mehreren in einem künstlichen See gelegenen Pavillons bestehende Parlamentsgebäude in Kotte bei Colombo (1982) oder die 1988 wie ein altportugiesisches Städtchen zwischen Hügeln und Meer arrangierte Ruhunu-Universität in Matara.

Das natürlich belüftete zwölfgeschossige Gebäude der State Mortgage Bank von 1978 in Colombo, das Ken Yeang als «das wohl weltweit beste Beispiel eines bioklimatischen Hochhauses» bezeichnete, ist mit seinem komplex verwinkelten Grundriss heute wieder voll im Trend. Und das leider nicht realisierte, streng kubische Hilton- Hochhaus (1967) mit den organischen Fassadendekorationen könnte man als einen Entwurf von Herzog & de Meuron halten. In seinem eigenen, durch ein modernes Raumkontinuum geprägten Hofhaus in Colombo und in seinem von europäischen Gärten inspirierten Landsitz Lunuganga in Bentota verwirklichte er den Traum vom tropisch- eklektischen Wohnen. Gleichzeitig strebte er in diesen lyrischen Gesamtkunstwerken nach der Einheit von From, Material und Raum. Hier integrierte Bawa aber auch ganz harmonisch Architekturteile von zerstörten Altbauten - eine Vorliebe, die er mit dem Bündner Rudolf Olgiati und dem kanarischen Baukünstler César Manrique teilte. Wie Manrique hegte Bawa zudem ein unermüdliches Interesse für den Bautyp Hotel, das zu Meisterwerken wie dem «Triton»-Hotel in Ahungalla (1982) oder dem an eine Star-Wars-Stadt erinnernden «Kandalama»-Hotel in Dambulla (1994) führte. Mit diesen sensibel in die Küsten- und Berglandschaften eingefügten Anlagen verwirklichte er für ungezählte Touristen das Idealbild des Ferienparadieses Sri Lanka.
Zurück zur Moderne

Nach einer Krise, die bedingt war durch die Auflösung seines bisherigen Büros, fand Bawa in den neunziger Jahren zu einer minimalistischen Moderne, die sich in geometrisch einfachen Hotels, vor allem aber in der hoch über dem Meer bei Mirissa gelegenen Villa Jayewardene manifestierte - einer gebauten Hymne auf die Transparenz der Moderne und die Schönheit der Natur, die vom Sri Lanker Michael Ondaatje in einem Gedicht verewigt wurde. Ähnlich klar und stimmungsvoll wie dieses architektonische Meisterwerk gibt sich zurzeit die grosse Bawa-Retrospektive im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt, zu der ein hervorragender Œuvrekatalog sowie ein kleines Begleitbuch vorliegen.

Mit Originaldokumenten, Modellen, suggestiven Fotografien, Kunstwerken und bald exotisch, bald modernistisch anmutenden Möbeln gelingt es der vergleichsweise konventionell inszenierten Ausstellung, eine Vorstellung von der Welt zu vermitteln, in der Bawa als Grenzgänger zwischen den Kulturen eine eigene südasiatische Formensprache entwickelte. Diese poetische Architektur, die auf vor Ort gefundene Materialien und auf klimatisch und kulturell bedingte Bauelemente setzte, aber den Raum ganz neu interpretierte, liess sich auch an die Erfordernisse anderer Länder anpassen. So wurden die 1975 von Bawa entworfenen Batujimbar-Häuser in Sanur auf Bali zum Inbegriff eines «balinesischen Stils». Heute gilt Bawas Architektur in ganz Südasien als vorbildlich. Hierzulande aber ist sie noch immer kaum bekannt, obwohl sie eindrücklich beweist, dass Schönheit und Feingefühl in der Architektur ebenso wichtig sind wie avantgardistische Theorien und Recherchen.

[ Bis 17. Oktober. Œuvrekatalog: Geoffrey Bawa. The Complete Works. Hrsg. David Robson. Tahmes & Hudson, London 2004. 278 S., Euro 67.- (in der Ausstellung). - Begleitpublikation: Bawa. Genius of the Place. An Architect of Sri Lanka. Deutsch und englisch. Hrsg. David Robson und Ingeborg Flagge. Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt 2004. 111 S., Euro 12.-. ]

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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