Veranstaltung

Ferdinand Bac et Luis Barragán
Ausstellung
14. Oktober 2004 bis 20. November 2004
ETH Lausanne, Ecublens
Salle d’exposition bâtiment SG, niveau 1


Veranstalter:in: ACM

Südländische Traumgärten

Ferdinand Bac und Luis Barragán in Lausanne

10. November 2004 - Roman Hollenstein
Obwohl von Klima und Natur verwöhnt, können die Gärten der Côte d'Azur nicht mit den berühmten Parks im Norden Frankreichs konkurrieren. Dennoch finden sich hier neben eklektischen Anwesen wie der vornehmen Villa Ephrussi Rothschild auf Cap Ferrat auch bedeutende, der mediterranen Tradition verpflichtete Anlagen: allen voran der Villenpark «Les Colombières» in Menton. Dieser vielleicht stimmungsvollste romantische Garten der Moderne steht nun im Zentrum einer Ausstellung der Archives de la construction moderne der ETH Lausanne, die sich mit dem landschaftsgestalterischen Schaffen von Ferdinand Bac (1859-1952) und Luis Barragán (1902-1988) befasst. Der gemeinsame Auftritt dieses auf den ersten Blick ungleichen Paars, des als Gartenkünstler fast vergessenen Karikaturisten und Schriftstellers Bac und des grossen Architekten Barragán, verdankt sich einem Zufall. Stiessen doch die Organisatoren der Schau, die ursprünglich nur auf Barragáns bereits gut dokumentierte Gärten ausgerichtet sein sollte, eher zufällig auf Bac und dessen Bedeutung für den Mexikaner.

Während seiner ersten Europareise entdeckte Barragán 1925 die Schriften zur Gestaltung südländischer Gärten von Ferdinand Bac. Der vornehme, aus Stuttgart stammende Bohémien lebte lange in Paris, bevor er 1912 mit der Transformation der Villa Croisset bei Grasse eine neue Karriere im Midi startete, um in der Nachfolge des Engländers Harold Peto zum bedeutendsten Erneuerer der mediterranen Gartenkultur zu werden. Begeistert vertraute ihm die Herzogin Thérèse de Beauchamp die Umgestaltung der Villa Fiorentina am Cap Ferrat an, und auch «la belle Madame Ephrussi» wagte einen vergeblichen Versuch, Bac für sich zu gewinnen. Mit dem Auftrag zur Neuanlage ihres Gartens im nordfranzösischen Compiègne wurden Emile und Caroline- Octavie Ladan-Bockairy um 1920 zu Bacs Freunden und Mäzenen. Für sie schuf der geniale Autodidakt anschliessend das 1925 vollendete Meisterwerk von «Les Colombières», dessen Thema die Welt der Odyssee ist. Unweit dieses Triumphs einer von den unterschiedlichsten Gestaden des Mittelmeers inspirierten Kunstlandschaft errichtete er sein kleines, orientalisch angehauchtes Gartenparadies «Bethsaïda» mit Sicht auf Menton, wo ihn 1931 Barragán besuchte. Hatte sich der Mexikaner schon zuvor durch Bacs Erkenntnisse zu den Gärten von Guadalajara inspirieren lassen, so interpretierte er diese fortan in den Grünräumen von Calzada Madereros, den Lavaschluchten von Pedregal, den surrealistischen Landschaften von San Jerónimo sowie den abstrakten Gärten von Los Clubes ganz neu.

Die Ausstellung, welche als Nachspiel zur diesjährigen Gartenschau «Lausanne Jardins» inszeniert wurde, erweist sich aber nicht wegen des Zugpferdes Barragán, sondern vielmehr wegen Bac als kleine Sensation. Denn hier begegnet man nicht nur den ebenso raren wie prachtvoll illustrierten Publikationen, sondern auch kaum je gezeigten Dokumenten und Skizzen sowie den poetischen nächtlichen Gartenzeichnungen aus «Les Colombières». Die romantisch-antikischen Visionen Bacs, die - aus Symbolismus und Jugendstil herausgewachsen - auf einer fast schon surrealistischen Ebene die Ideen der Moderne umkreisen, wurden vor allem in der lateinischen Welt diskutiert. So könnte Le Corbusier die geheimnisvolle Terrasse des Beistegui-Apartments in Paris und die «homerische Dachlandschaft» der Unité d'habitation in Marseille durchaus als Antwort auf Bac entworfen haben. Bacs Traumgärten scheinen aber auch auszustrahlen auf die Bildwelten des kanarischen Künstlers Néstor Martín, auf die Wüstengärten von César Manriques oder auf die tropischen Kompositionen von Roberto Burle Marx und Geoffrey Bawa. Von Barragán aber wissen wir mit Bestimmtheit, dass Bacs mediterrane Gärten in ihm «die Sehnsucht nach dem perfekten Garten weckten», wie er 1980 anlässlich der Verleihung des Pritzker-Preises festhielt.

[ Bis 20. November im Bâtiment SG der ETH Lausanne in Ecublens. Kein Katalog. ]

teilen auf

Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

Ansprechpartner:in für diese Seite: nextroomoffice[at]nextroom.at

Tools: