Veranstaltung

Service Bauten Wien
Ausstellung
28. März 2006 bis 23. April 2006
k/haus (Künstlerhaus)
Obergeschoß
Karlsplatz 5, 1010 Wien


Veranstalter:in: Stadt Wien
Eröffnung: Montag, 27. März 2006, 18:00 Uhr

Wem nutzt der Nutzbau?

Was bedeutet Nutzen? Effizienz, Verwertbarkeit? Oder doch eher Genuss, Kreativität, Lebensqualität? Eine Ausstellung zum städtischen Nutzbau im Wiener Künstlerhaus gibt Antworten.

9. April 2006 - Judith Eiblmayr
„Service Bauten Wien“ lautet der Titel einer Ausstellung, die zurzeit im Künstlerhaus in Wien gezeigt wird und sich mit exemplarischen Objekten des städtischen Nutzbaus befasst, die die Gemeinde Wien als Bauherr in den letzten zehn Jahren errichten ließ. „Vom Nutzen der Architektur“ lautet etwas subtiler der Titel des begleitenden Katalogs der beiden Kuratorinnen Barbara Feller und Maria Welzig, woran rasch die eigentliche Intention dieser Ausstellung kenntlich wird: Es geht um die Präsentation von qualitätsvoller Architektur, die auf Bestreben der Magis-tratsabteilung 19, zuständig für Architektur und Stadtgestaltung, und im Auftrag diverser Wiener „MAs“ seit 1995 entstanden ist.

Aber wem nutzt nun diese Architektur, fragt sich der interessierte Laie, und was bedeutet Nutzbau an sich?

Von Nutzen ist das, was gebraucht wird, wobei jedoch dem Nutzen etymologisch bereits ein Mehrwert anhaftet, hat doch der Genuss denselben Wortstamm. Nutznießer sind demnach jene, die das in Gebrauch Befindliche auch wertschätzen können.

Die Variationen der Begrifflichkeit sind anhand der 170-jährigen Geschichte des kommunalen Zweckbaus in Wien gut nachvollziehbar. In der ersten Phase der Errichtung expliziter Nutzbauten wurde, dem Diktat der „Gründerzeit“ folgend, all das in kommunale Hand genommen, was der Gründung eines großstädtischen Gefüges nutzt und dazu dient, dass die Stadt an sich funktioniert.

Um das rasche Wachstum derselben zu strukturieren, wurden nicht nur Bauten für die verkehrstechnische Infrastruktur mit Stationsgebäuden, Bahnhöfen und Remisen sowie Bauten für die Energieversorgung wie die Gasometer geschaffen, sondern vor allem auch Bauwerke, die die hygienischen Bedingungen für die Bevölkerung verbesserten wie Sammelkanäle, die erste Wiener Hochquellwasserleitung, Spitäler oder die neuen an den Stadträndern liegenden Friedhofsanlagen. Markthallen, Schulen und Verwaltungsbauten verbesserten die Versorgung der Stadtbewohner direkt in den Wohnquartieren, die Wohnbauten selbst überließ man allerdings noch dem freien Spekulantentum.

Erst in den 1920er-Jahren wurde durch das „Rote Wien“ auch der Wohnbau als eine in kommunaler Verantwortung liegende Bauaufgabe erkannt. Die großen Gemeindebauanlagen wurden neben den Wohnungen um zentrale Versorgungseinrichtungen wie Wäschereien, Kindergärten oder auch Büchereien programmatisch angereichert, und so entstanden Bauten zum direkten Nutzen der einkommensschwachen Bevölkerung.

Der eigentliche Nutzbau der öffentlichen Hand entwickelte sich tendenziell ein wenig in Richtung „Genussbau“, wenn nebst Gesundheits- und Sozialeinrichtungen auch Schwimm- und Kinderfreibäder gebaut und somit für die arbeitende Bevölkerung auch Bauten zur gesundheitsfördernden Freizeitgestaltung errichtet wurden.

Nachdem die Bautätigkeit der Gemeinde Wien in der Nachkriegszeit logischerweise von Pragmatismus geprägt und das Gemeinwohl darin gelegen war, den Organismus Stadt wieder funktionstüchtig zu machen, wurden in den 1970er-Jahren innovative Großprojekte in Angriff genommen: der Bau der U-Bahn und die Schaffung der Donauinsel. Obwohl das Entlastungsgerinne primär dem Hochwasserschutz diente, kamen potenziell alle Wiener und Wienerinnen in den Genuss dieses Nutz(tief)baus, da sich die Donauinsel zum intensiv genutzten Freizeitgelände entwickelte.

Erst in den 1990er-Jahren wurde die Architektur im Nutzbau thematisiert, indem der Wiener Planungsstadtrat Hannes Svoboda beim Schulbauprogramm 2000 nur Architekten planerisch zum Zug kommen ließ. Diese Etablierung von Architektur als „Label“ für die Kommune bewirkte bis heute einen Qualitätsanspruch beim Bauen, den die MA 19, als verantwortliche Stelle für die Wiener Stadtgestaltung, nun bei möglichst vielen Bauten verwirklicht sehen möchte.

Die Ausstellung im Künstlerhaus zeigt Kommunalarchitektur aus dem letzten Jahrzehnt, einen repräsentativen Querschnitt von Nutzbauten mit identitätsstiftendem, urbanem Mehrwert. Die Bauaufgaben sind vielfältig: vom Tiefspeicher in einem Hof des Rathauses über eine Autobus-Großgarage bis zum Feuerwehrmuseum, von der Gärtnerunterkunft über Marktstandeln bis zur Hauptbücherei. Selbst bei kleinen baulichen Eingriffen sollte ein architektonisches Statement gesetzt werden, wie beim Umbau des Amtshauses am Schottenring durch die Architektin Patricia Zacek.

Interessant auch die Nutzungs-Metamorphose eines historischen Zweckbaus: Das legendäre autonome Kulturzentrum „Arena“, das vor 30 Jahren nach Besetzung leerstehender Gebäude am Areal des Schlachthofes in St. Marx entstand, später von der Gemeinde Wien übernommen und institutionalisiert wurde, ist nun durch eine Intervention des Architektenteams Rataplan als vollwertiges Veranstaltungszentrum mit Halle und Open-Air-Bühne etabliert.

Einhergehend mit dem prinzipiellen Bekenntnis der MA 19, mit Bauten der öffentlichen Hand die Dichte an guter Architektur in Wien zu heben zu wollen, wird die Qualität des Stadtraumes kontinuierlich gesteigert, wovon letztendlich jeder Stadtbewohner - sei es als Nutzer oder Genießer (Betrachter) - profitiert. Dass gleichzeitig in anderen Magistratsabteilungen Entscheidungen getroffen werden, die in erster Linie die Dichte an Kubatur und damit die Verwertung von Baugrund und Parkboden bewirken wollen, steht auf einem anderen (Amts-)Blatt. Auch wenn der Nutzwert einer Immobilie immer wichtiger wird: Der Nutzen der Architektur liegt auch darin, Wien als attraktive Stadt mit nachhaltig hoher Lebensqualität zu erhalten. Das Kreativpotenzial freischaffender Architekten und Architektinnen kann hierbei nur dienlich sein. [*]

[ Die Ausstellung „Service Bauten Wien“ ist noch bis 23. April im Künstlerhaus Wien, Karlsplatz 5, zu sehen. ]

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