Veranstaltung

Gebaute Bilder
Ausstellung
10. Dezember 2006 bis 15. April 2007
Das Gelbe Haus
Hauptstrasse 60
CH-7017 Flims Dorf


Veranstalter:in: Das Gelbe Haus
Eröffnung: Sonntag, 9. Dezember 2007, 17:00 Uhr

Spröde Monumente

Zeitgenössische Bündner Architektur im Gelben Haus in Flims

Die neue Architektur Graubündens ist für ihre Kargheit und ihre handwerkliche Perfektion bekannt. Eine Ausstellung im Gelben Haus in Flims rückt nun einige der besten Bauten ins Rampenlicht.

8. März 2007 - Roman Hollenstein
Alles fing an mit Peter Zumthor. Vor ihm beherrschten zwar schon einige ausdrucksstarke, um 1970 entstandene Betonburgen von Schul- und Klosteranlagen die Landschaft. Doch erst die Bilder von Zumthors schindelverkleideter Kapelle Sogn Benedetg in Sumvitg gingen um die Welt und kündeten Ende der achtziger Jahre von einer neuen Baukultur in Graubünden. Diese etablierte sich dank engagierten Bauherren und einer von der öffentlichen Hand getragenen Wettbewerbskultur, die es Architekten wie Bearth & Deplazes oder Jüngling & Hagmann ermöglichte, kompromisslose, aber immer vom Kontext und vom Handwerk aus gedachte Bauten zu realisieren. Dabei handelte es sich - wie beim Tessiner Architekturwunder der siebziger Jahre - zunächst vor allem um Schulbauten. Inzwischen wurden die wichtigsten Aufträge vergeben; und der Nachwuchs hat es nicht mehr ganz so einfach, sich zu behaupten. Das zeigte vor einem Jahr die Ausstellung «Werdende Wahrzeichen» im Gelben Haus in Flims, in der nur wenige öffentliche Projekte zu sehen waren. Von den damals vorgestellten Entwürfen sind inzwischen Bottas Wellnessanlage des «Tschuggen» in Arosa und Corinna Menns Aussichtsplattform vollendet, die wie ein Adler hoch über der Rheinschlucht bei Flims schwebt.

Bilderreigen

Corinna Menn darf als die grosse Newcomerin der Bündner Architekturszene bezeichnet werden. Die 33-Jährige, die als erste Frau in Chur ein eigenes Büro führt, konnte nämlich im vergangenen Jahr noch einen weiteren Vorzeigebau fertigstellen: die Erweiterung eines Behindertenwohnheims in Scharans im Domleschg. Gleichwohl findet man ihre Bauten ebenso wenig wie Ben van Berkels geschliffen elegante Erweiterung des Hotels Castell in Zuoz oder Norman Fosters kürbisförmiges Apartmenthaus in St. Moritz in der Ausstellung «Gebaute Bilder», die nun wiederum im Gelben Haus stattfindet. Denn die an sich klug konzipierte Präsentation zeitgenössischer Bündner Architektur beschränkt sich leider auf nur 33 Bauten aus den letzten zwanzig Jahren. Im Zentrum stehen die Aufnahmen des Churers Ralph Feiner, die ergänzt werden durch Bilder anderer bekannter Architekturfotografen.

Im Eingangsgeschoss des Gelben Hauses, das vor einigen Jahren als schneeweisses Wahrzeichen der alpinen Baukunst selbst Furore machte, demonstrieren unterschiedlich grosse Abbildungen, wie stark Architekturaufnahmen unsere Vorstellungen von Gebäuden bestimmen. Zu sehen sind 12 Bauten für Verkehr und Arbeit: vom schwindelerregenden Traversiner-Steg in der Via Mala bis zum harmonisch gefassten «Plaz» in Ems und von den Ställen in Vrin bis zur Therme in Vals. Im ersten Stock wird dann die internationale Verbreitung der Bündner Architektur durch Bücher und Zeitschriften am Beispiel von 11 Kulturbauten veranschaulicht: darunter die Schulen von Mastrils und Vella, die Villa Garbald in Castasegna oder die Nepomuk-Kapelle in Oberrealta. Spätestens hier wird einem bewusst, dass - mit Ausnahme der spanischen Fachzeitschrift «2G», die im Jahr 2000 der «Arquitectura recienta en los Grisones» eine hervorragende Nummer widmete, und dem kleinen Führer «Bauen in Graubünden» - bis anhin keine grundlegende Übersicht über die neue Bündner Architektur existiert, was beim wissenschaftlichen und touristischen Potenzial des Themas doch einigermassen erstaunt.

Ideen für Flims

Dabei zeugt der Erfolg des erwähnten Führers, der nun in der dritten, völlig überarbeiteten und erweiterten Form vorliegt, aber nur 66 Bauten in Wort und Bild sowie weitere 75 in Kurztexten vorstellt, vom breiten Interesse an der Baukunst Graubündens. Auf ihm basiert auch die Flimser Schau. Einzig bei den 10 im Dachgeschoss projizierten Wohnbauten und Einfamilienhäusern findet eine kleine Abweichung von seinem Urteil statt, indem das exzentrische Frühwerk des jungen Engadiners Kurt Lazzarini eingeschmuggelt wurde. Der Bilderreigen lässt aber nicht nur wichtige Bauten, sondern auch gewisse Aspekte der Bündner Architektur ausser acht. Vielleicht um weitere Ausstellungen zu ermöglichen: etwa über Gemeinsamkeiten in der Formensprache, über die Auseinandersetzung mit dem städtebaulichen oder landschaftlichen Kontext, über die Beiträge auswärtiger und ausländischer Architekten, über die Bedeutung der Interventionen von Gion A. Caminada in Vrin und Marlene Gujan im Val Medels als Antithese zur Theorie der alpinen Brachen - oder über die Baukunst im architektonisch chaotischen Flims. So könnte der Ferienort dort, wo unlängst ein ganzes Häusergeviert abbrannte, ein beherztes urbanistisches und baukünstlerisches Zeichen setzen mittels eines im Gelben Haus präsentierten Ideenwettstreits unter einheimischen Architekten.

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Für den Beitrag verantwortlich: Neue Zürcher Zeitung

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